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Lot 1550 - A192 Sammlung Müller-Frei - Dienstag, 16. Juni 2020, 14.00 Uhr

BEDEUTENDE LIEBESGRUPPE MIT VOGELKÄFIG

Meissen, um 1736. Modell Johann Joachim Kändler.
Ein Kavalier mit einer Hand auf einem Vogelkäfig, mit dem rechten Arm um die Taille einer Dame gelegt, die sich innig an ihn schmiegt und mit der linken Hand seinen Hals umfasst. Seine weisse, in Gold und Schwarz gesäumte Jacke über einer schwarzen, gold gemusterten Weste und schwarzen Kniebundhosen, die Dame mit purpurfarbenem und rot gefütterten Mieder über einem seegrünen mit prächtig in Gold gehöhten, mit indianischem Blumendekor bemalten Reifrock. Auf einem mit Blumen und Blättern applizierten Sockel. Unterglasurblaue Schwertermarke.
H 12,7 cm.


Restaurierungen an Armen und Beinen sowie Saum ihres Kleides.

Provenienz:
- Sammlung Baron Maurice de Rothschild, Genf.
- Auktion Christie's London, The Property of a Noted European Collector Part I, 28. 3. 1977, Lot 123.

Diese Gruppe gehört zu den bedeutendsten Reifrock- oder Krinolinengruppen in Meissen, es ist die früheste dieser Art, die Kändler entworfen hat.

Kändler versuchte zunächst die frühen Figuren und Gruppen partiell freistehend zu modellieren. Er versuchte dies bei nur wenigen Stücken, wie den Handkuss Einzelfiguren und auch hier beim Liebespaar mit Vogelkäfig, wo die Füsse auf der Unterseite frei ausgeformt sind. Die Herstellung brachte offenbar Probleme mit sich und kurze Zeit später verzichtete man wieder auf dieses reizvolle Detail (Angela von Wallwitz, Celebrating Kaendler, München, 2006, S. 199).
Grösse, Dichte, das Arrangement und die Farbigkeit der Indianischen Blumen auf den Krinolinen verändern sich über die Jahre deutlich und die Blumen mit der Zeit werden kleiner, in der Farbigkeit lichter und im Arrangement über die Jahre hin steifer (Wallwitz 2006, S. 203).

Der Vogel im Käfig als Sinnbild der Keuschheit steht hier neben dem eng umschlungenen Liebespaar, doch mit dem Griff an den Knauf des Käfigs, um ihn zu lüften, damit der Vogel entfliehen kann, gerät die Tugendhaftigkeit der Dame bereits in Gefahr. Das Porzellan wie die Kunst des 18. Jh. spielt mit erotischen Anspielungen.

Als graphische Vorlage zu dieser Gruppe zählt ein Stich von William Hogarth „Tom Rakewell verschwendet sein Geld“ von 1735, in welcher der dekadente Lebenswandel eines reichen Erben geschildert wird, der schliesslich zum Wüstling wird und am Ende im Irrenhaus landet, Hogarths berühmte Skizzierung der Zustände in der englischen Gesellschaft.

Vergleichsstücke in öffentlichen und privaten Sammlungen:
Porzellansammlung, Dresden (Königlich Sächsische Sammlungen); Metropolitan Museum of Art, New York (Sammlung Untermyer);
Kunstgewerbemuseum, Berlin (ehemals Sammlung Hermine Feist); Bernisches Historisches Museum, Bern (Sammlung Kocher); Villa Fioridiana, Neapel;
Musée des arts Décoratifs, Paris; The Wadsworth Atheneum, Hartford, USA (Sammlung Morgan); Eremitage, Sankt Petersburg;
Auktion Sotheby's London, 25.6.1963, Lot 17 (ehemals Sammlung René Fribourg); Historisches Museum Basel, Haus Kirschgarten (Sammlung Pauls-Eisenbeiss); Auktion Christie's, 21.2.2005, Lot 47 (Schweizer Privatsammlung).

CHF 40 000 / 60 000 | (€ 41 240 / 61 860)

Verkauft für CHF 116 200 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr