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Lot 3222 - A181 Impressionismus & Moderne - Freitag, 30. Juni 2017, 14.00 Uhr

EMIL NOLDE

(Nolde 1867–1956 Seebüll)
Kleiner Dampfer. 1910.
Öl auf Leinwand.
Unten rechts signiert: Nolde, sowie verso auf Keilrahmen signiert und betitelt: Emil Nolde: Kl. Dampfer.
34,5 x 28 cm.

Provenienz:
- Georg Metzendorf, Essen (um 1910-15).
- Margret Moldenauer, Buenos Aires (1950).
- Karl & Faber München, Auktion 113, 1968, Los 1141.
- Privatbesitz München.
- Privatbesitz Schweiz.

Literatur: Urban, Martin: Emil Nolde. Werkverzeichnis der Gemälde, Bd. 1, München 1987, Nr. 324, S. 286 (mit Abb.).

„Nolde kennt das Meer, wie es vor ihm noch kein Künstler gekannt hat. Er sieht es nicht vom Strande oder vom Schiffe aus, er sieht es so, wie es in sich selbst lebt, losgelöst aus jedem Bezug auf den Menschen, als das ewige regsame, ewig wechselvolle, ganz in sich selbst sich auslebende, in sich selbst sich erschöpfende göttliche Urwesen, das bis heute noch die ungebändigte Freiheit des ersten Schöpfungstages sich bewahrt hat. So lebt das Meer auch in den Hamburger Blättern und alles Menschenwerks drum und dran, (…), um die Unendlichkeit des unendlichen, unendlich regsamen und wandelbaren Elements um so deutlicher zu machen. In allen wechselnden Möglichkeiten seines Daseins hat er das Meer gemalt, meist aber gewaltig aufgeregt, oder in breiter pathetischer Dünung wogend, mit weissen Schaumrändern sich in sich selbst zurückstürzend(…).“(Max Sauerland, Emil Nolde, München 1921, S. 49-50.)

Für Emil Nolde, der in Schleswig umgeben von der See aufwächst, ist das Meer permanente Gegenwart und wird so zu einem der wichtigsten und beständigsten Themen seiner Kunst. Die See als eine einzige Naturgewalt, tief, weit, tosend und Wellen schlagend, wenn sie will jeden in die Knie zwingend, gleichzeitig aber auch ein Ort von Ruhe und Frieden. Bereits früh beginnt der Ozean den Künstler zu fesseln und spätestens als er in einem kleinen Frachter von einer Reise nach Hause fährt, wird er in den Bann der See gezogen.

Die Monate Februar und März des Jahres 1910 verbringt Emil Nolde in Hamburg. Nolde ist von den Häfen dort begeistert, und innerhalb kürzester Zeit entstehen 13 Gemälde, über 100 Tuschezeichnungen, 19 Radierungen und vier Holzschnitte, die allesamt den Hafen, das Wasser und die ein-und ausgehenden Dampfer, Schlepper, Fracht- und Segelschiffe zeigen. Die Zeit in Hamburg ist für Nolde geprägt durch die Arbeit. Er selbst drückt es als ein „Untertauchen des ganzen Menschen in Arbeit und Spannung“ aus. „Ich kam ins Arbeiten hinein und nichts mehr störte mich. Mit den Pinassen voll Menschen ging ich fahrend, arbeitend, bei dem Getriebe auf den Ladungsbrücken sass ich, immer arbeitend (…)“. (aus Emil Nolde, Jahre der Kämpfe 1902-1914, 6. Aufl., Köln 1991, S. 110) Begeistert von der Härte des Hafens, den umstehenden Gebäuden, den Docks, der Werft und dem Leben auf See, versucht Nolde in verschiedenen Formen seine Eindrücke zu sammeln. Dank eines Linienfährverkehrs ist es dem Künstler möglich, an alle Stellen des Hafens zu gelangen, um die verschiedenen Ansichten und Eindrücke auf Papier zu bringen. Selbst während sich sein Transportschiff in Fahrt befindet, sind Pinsel und Stift stets auf dem Papier. Die vielen Skizzen und Tuschezeichnungen sind Zeugnis einer intensiven Auseinandersetzung mit den Motiven. Neben der allgemeinen Begeisterung für die Fahrzeuge des Wassers, fasziniert ihn vor allem das Motiv des Dampfers. Viele Radierungen und Tuschezeichnungen dieser Zeit zeigen den Dampfer in verschiedenen Variationen. Auch später, als er nach Berlin zurückkehrt und auf Hamburg als Inspirationsquelle für seine weiterführende Karriere zurückblickt, verfolgt das Motiv des Dampfers den Künstler weiter und er fertigt neue Radierungen davon an. Diese Vorliebe bringt er auch in verschiedenen Ölgemälden zur Geltung.

Das vorliegende Werk „der kleine Dampfer“ ist eines der 13 Gemälde, die Nolde während seiner Zeit in Hamburg fertigt. Es ist ein schönes Beispiel dafür, wie Nolde die wilde See darstellt und wie er eine bestimmte, für ihn typische stürmische Stimmung durch seine Malerei zu erzeugen vermag. Dem von ihm bevorzugten Thema des Dampfers wird er auch hier gerecht. Horizontal führt er das Gefährt in das Bild ein. Durch die emporsteigenden weissen Dampfwolken wird die Dynamik des Bootes sichtbar, und der Betrachter stellt sich darauf ein, mit seinen Augen dem vorangehenden Schiff über die Wellen zu folgen. Trotz gleicher Farbpalette des Meeres, Himmels und des Dampfers gelingt es Nolde, die Ebenen voneinander zu trennen, indem er den Strich des Pinsels verändert. Wie auch die anderen Gemälde, die er 1910 malt, ist das zur Auktion angebotene Werk mit seinem expressiven Strich geprägt von einer aussergewöhnlichen malerischen Freiheit, die der Künstler in Hamburg erfahren haben muss. Ebenfalls herauszuheben ist das Format, das Nolde für sein Gemälde wählt. Nur wenige Landschaftsgemälde des Künstlers sind im Hochformat dargestellt, was die Einzigartigkeit des „kleinen Dampfers“ nochmals unterstreicht.

CHF 200 000 / 300 000 | (€ 206 190 / 309 280)

Verkauft für CHF 372 500 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr