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Lot 1771 - A185 Photographie - Donnerstag, 28. Juni 2018, 14.00 Uhr

BILL BRANDT

(1904-1983)
East Sussex Coast, 1959.
Silbergelatine-Abzug. Späterer Abzug.
34,1 x 29 cm.
Unterhalb des Bildes auf Trägerkarton voll signiert. Unter Passepartout aufgezogen.

Literatur:
- Mark Haworth-Booth (Text). Bill Brandt. Behind the Camera. Photographs 1928-1983. Ausstellungskatalog. Philadelphia Museum of Art. 08.06.-21.09.1985. New York, 1985.
- Ian Jeffrey. Bill Brandt. Photographs 1928-1983. Ausstellungskatalog. Barbican Art Gallery London, 30.09.-12.12.1993. London 1993.

Bill Brandt macht sich in seiner Serie „Perspective of Nudes“ auf eine pittoreske Entdeckungsreise des weiblichen Körpers.

Seine ersten Aufnahmen machte der Photograph mit einer Kodak Wide Angle Kamera, die 1931 eingeführt wurde und hauptsächlich vom New York Police Department verwendet wurde, weil das Gerät besonders einfach zu bedienen war. „Over the years, I learned much from the old Kodak [police camera]. I learned even how to use modern cameras in an unorthodox way, and for the last section of ‘Perspecitve of Nudes‘, photographed on the beaches of East Sussex, Normandy and southern France I discarded the Kodak altogether.“ (Bill Brandt zit. nach Jeffrey, 1993, S. 242.) Nebst dem weiten Winkel von 110° erfasste die Kamera auch alles, was sich einen Meter oder weiter entfernt befand, gestochen scharf.

In „Perspective of Nudes“ erzählt uns Brandt die Geschichte eines schattenbetonten 19. Jahrhunderts, über Veränderungen von Ort und Position zum sonnenerfüllten kreativen Freiraum, wo alles ein- oder zweideutig interpretiert werden kann. Die Serie lässt sich in sechs Sektionen unterteilen (vgl. Haworth-Booth, 1995, S. 62-64):
1. Akte in schattigem Interieur
2. Zwielichte, romantische Bilder mit moderner Sprache
3. Die Distanz zwischen Kamera und dem Model/ der Körper füllt das Bildfeld
4. Natürliches Licht am Strand.
5. Rückkehr zum Interieur/ Studio. Annähernde Bilder zur Intimität des Körpers.
6. Sinnliche Nähe am Strand. Vereinigung von Konturen, das Gewichten der Gliedmassen, die marinen Objekten und Steinen.

Aktphotographie war in den 1930er Jahren sozusagen der Massstab eines jeden Meister-Photographen. Brandt beginnt relativ spät, nämlich erst 1944, Akte in Innenräumen zu photographieren, die Bilder werden noch später, erstmals 1946 im Magazin Liliput publiziert. Geprägt von den Filmen Alfred Hitchcocks und dem Genre des „film noir“, beginnt er seine Ideen der Femme Fatale umzusetzen (vgl. Lot 1764, The Hampstead blonde). Er präsentiert die Akte in einem suggestiven Setting, das dem Alltagsleben näher steht. Aber nur wenige dieser Akte der 1940er Jahre wurden für die grosse Retrospektive von 1961 verwendet.

Brandts Aktaufnahmen der 1950er Jahre entstanden aus einer psychischen Krise, die auf einem Kindheitstrauma haften: er konnte seine sexuellen Bedürfnisse als Kind nie in sein Erwachsenendasein übertragen und nun sehnt er sich als Erwachsener diese zurück. Er sucht die Ferne von anderen Menschen und zugleich seinen Fetisch im sexuellen Interesse. Die in dieser Dekade entstandenen Bilder gelten als Hauptwerk seines Schaffens und haben sich förmlich in das Bildgedächtnis der Photographie eingeprägt. Der surrealistische Einfluss auf Brandts Aktaufnahmen ist kaum zu übersehen. Die Formen und Figuren, die er auf seinen Bildern imitiert, erinnern zum Teil an surrealistische Traumlandschaften und Niemandsländer. In den späteren Aktphotographien spielen die Identität, die Zeit und der Ort keine Rolle mehr. Die Faktoren lösen sich vollständig auf, Brandt wird nun ganz abstrakt.
Der Photograph sucht insbesondere in seinen späteren surrealen Aktaufnahmen den Bezug zur Natur. Er verschmelzt die Körper mit der Natur, indem er sich überschlagende Hände förmlich mit den am Strand liegenden Steinen graphisch eine Einheit bilden lässt. In den Verläufen der Gliedmassen werden die Bewegung von Wasser und Klippen widergespiegelt. Zugleich passt er sich farblich harmonisch an die Umgebung an. Die Körperteile verschmelzen mit der Natur.

CHF 4 000 / 6 000 | (€ 4 120 / 6 190)

Verkauft für CHF 6 250 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr