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Lot 3029* - A198 Gemälde Alter Meister - Freitag, 01. Oktober 2021, 14.00 Uhr

CORNELIS PIETERSZ. BEGA

(1631/32 Haarlem 1664)
Junge Frau in einem Interieur, ein Glas haltend.
Öl auf Leinwand.
Unten links monogrammiert: CB.
26,7 × 22,2 cm.

Provenienz:
- Sammlung Marquis de Colbert, Château du Saussay (verso auf Leinwand bezeichnet).
- Durch Erbfolge an Familie Bourbon Busset, Château du Saussay.
- Auktion Sotheby’s, Paris, 23.6.2011, Los 46.
- Kunsthandel John Mitchell Fine Paintings, London.
- Europäische Sammlung.

Ausstellung:
Aachen / Berlin 2012, Cornelis Bega: Eleganz und raue Sitten, Suermondt Ludwig Museum, 15.3.–10.6.2012 und Staatliche Museen zu Berlin/Gemäldegalerie, 29.6.–30.9.2012, Nr. 73.

Literatur:
Ausst.-Kat. Cornelis Bega. Eleganz und raue Sitten, hrsg. von Peter van den Brink und Bernd Wolfgang Lindemann, Stuttgart 2012, S. 250–252, Kat.-Nr. 73 und abgebildet auf Buchrücken.

Im Ausstellungskatalog von 2012 widmet Peter van den Brink dem hier angebotenen Gemälde einen ausführlichen Eintrag und betont diesen hohen Stellenwert im Œuvre Begas sowie seine außerordentliche künstlerische Qualität:

"Nach langer Verborgenheit in französischem Adelsbesitz vermag uns dieses bisher unveröffentlichte Gemälde eine Vorstellung davon zu geben, was Cornelis Bega noch in seiner Malerkarriere hätte erreichen können, wäre er nicht am 27. August 1664 in der Blüte seiner Jahre von der Pest dahingerafft worden. Dieses wunderbare kleine Gemälde beweist, dass Bega bereits in die Fußstapfen von Zeitgenossen wie Gerard ter Borch (1617–1681), Gabriel Metsu (1629–1667), Frans van Mieris (1635–1681), Jan Steen (1626–1679) und auch Johannes Vermeer (1632–1675) getreten war. […]

Als überragender Kolorist mit einem sublimen, natürlichen Gefühl für die Wiedergabe der unterschiedlichen Stoffe gehörte er zur Gilde der Feinmaler. Verschwunden sind die notleidenden Habenichtse aus seinen Wirtshäusern; stattdessen malt Bega eine junge Dame, gehüllt in erlesenen Stoffen in raffinierten Farbtönen, von Goldgrün und Lachsgrau zu Rosa und dem tiefblauen Ultramarin der eleganten Haarbänder, die sorgfältig aufeinander abgestimmt sind. Die Mannigfaltigkeit der hinreißenden Stoffe bot Cornelis Bega Gelegenheit in Hülle und Fülle, seine virtuose Maltechnik zu beweisen, wie er es etwa auch in den Musikduetten in Stockholm und in Paris (siehe Ausst.-Kat. 2012, Kat.-Nr. 71 und 72) tat.

Nicht nur das ausgeklügelte Kolorit und das typische Arsenal parallel angeordneter, kurzen Schraffuren für die Höhungen in verschiedenen Nuancen zeigen die Handschrift unseres Malers. Überdies gehört die hier dargestellte junge Dame zu Cornelis Begas Modellschatz. Sie tritt beispielsweise als Laute spielende Frau in Stockholm (siehe Ausst.-Kat 2012, Kat.-Nr. 71) auf; als schlafendes Dienstmädchen und im Gebet vor der Mahlzeit in Amsterdam (siehe Ausst.-Kat. 2012, Kat.-Nr. 58) ist sie im Profil zu sehen. Alle drei Gemälde tragen die Datierung 1663. Obwohl sich das Ambiente, verglichen mit den schäbigen Wirtshäusern, grundlegend geändert hat, bleibt das Motiv mehr oder weniger unverändert. Ihre geöffnete Jacke verrät die junge Frau, die sich gerade ein Glas Weißwein eingeschenkt hat, als Kurtisane. […]

Der Glanz auf Krug und Weinglas, viel leuchtender wiedergegeben als auf den Satinstoffen, ist eine wahre Augenweide, genau wie das Stillleben mit Brot und Käse neben der jungen Verführerin. Cornelis Bega hat sie in ein mit einer blauen Draperie abgeschlossenes Interieur versetzt, das in vielerlei Hinsicht an den unbestimmten Raum erinnert, in den er die Lautenspielerin und die Fiedler in Stockholm platzierte (siehe Ausst.-Kat 2012, Kat.-Nr. 71). Obwohl der Maler diesmal auf das verblüffende Stillleben aus Musikinstrumenten verzichtet hat, sind sowohl das Tischchen im Vordergrund als auch die italienische Majolikakanne im Hintergrund links feste Atelierattribute, die auch in anderen Werken, darunter "Die Musikstunde" in Stockholm, zu finden sind" (frei zitiert aus Ausst.-Kat. 2012, S. 250–252).

Cornelis Bega war der Sohn des Bildhauers Pieter Jansz. Begeyn (1600–1648) und von Maria van Haarlem, der Tochter des berühmten Haarlemer Manieristen Cornelis Cornelisz. van Haarlem (1562–1638). Sein künstlerisches Umfeld bildete einen fruchtbaren Boden für eine erfolgreiche Künstlerkarriere, doch seine Vorliebe für die Darstellung des bäuerlichen Lebens in all seinen Facetten sorgte für Konflikte mit seinem Vater. Der Biograf Arnold Houbraken berichtet, dass dies letztlich zur Namensänderung Begas führte (Arnold Houbraken: De groote schouburgh der Nederlantsche kontschilders en schilderessen, Amsterdam 1718–1721, S. 349–350). Cornelis Bega studierte bei Adriaen van Ostade (1610–1685), der selber ein Schüler des grossen Porträtisten Frans Hals (1582–1666) war. Bega war etwa 4 Jahre lang in der Werkstatt Van Ostades tätig und reiste im Anschluss nach Deutschland und in die Schweiz. Ab 1654 ist er als Mitglied der Haarlemer Malergilde aufgeführt, wo er bis zu seinem frühen Ableben mit nur 33 Jahren tätig war. Die Pestepidemie, der er zum Opfer fiel, wütete seit 1663 in den Niederlanden und breitete sich von dort nach England aus, wo sie 1665 einen Fünftel der Bevölkerung dezimierte.

Eine rückseitige Bezeichnung auf der Leinwand weist auf die adelige französische Provenienz unseres Gemäldes hin. Bei dem Marquis de Colbert handelt es sich wohl um Pierre de Colbert (1834–1905), der das etwa 35 Kilometer südlich von Paris gelegene Château du Saussay im 19. Jahrhundert vergrösserte. 1911 ging dessen Besitz über seine Tochter Guillemette an die Familie Bourbon Busset über. Das Schloss wird heute noch von den Nachfahren der Bourbon Busset bewohnt.

For the description and lot essay in English, please visit our website: www.kollerauctions.com.

CHF 150 000 / 200 000 | (€ 154 640 / 206 190)