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Lot 1044 ♣ - A200 Decorative Arts - Donnerstag, 31. März 2022, 10.00 Uhr

KOMMODE MIT BOULLE MARKETERIE

Louis XIV, Paris um 1710. Wohl von Nicolas Sageot (1666–1731, Meister 1706).
Blindholz in Nadelholz und Nussbaum eingelegt mit rot unterlegtem Schildpatt, graviertem Messing sowie Perlmutt, Kupfer, Zinn und Horn polychrom bemalt in Form von Ranken- und Volutenwerk, Fabeltieren sowie figürlichen Darstellungen "in der Manier von Jean Bérain". Rechteckiger, vorne leicht gerundeter Korpus auf ausgeschnittener Zarge und Volutenfüssen mit reichen Bronzebeschlägen. Leicht überstehendes, im hinteren Bereich wenig auskragendes und in Messingstab gefasstes Blatt. Das mit Arabesken, Ranken, Maskarons, Vögeln, Girlanden, Musizierenden, Tanzenden und Insekten reich verzierte Blatt enthält drei Reserven. Die mittlere in Form eines Baldachins, der von geflügelten Karyatiden gestützt wird, darin ein sitzender, Gitarre spielender Musikant unter einer sog. "Trophée de Chasse", geflankt von zwei Putti. Die beiden flankierenden Reserven ebenfalls in Form von Baldachinen, deren Stützen in Form eines Flechtwerks mit Voluten und Fleurons gestaltet sind. Darin sind jeweils tanzende Pagen dargestellt. Darunter platziert, sind geflügelte Mischwesen, deren Unterleib in einer Schwanzflosse endet. Die Seiten weisen ebenfalls in einer reich geschmückten Umgebung jeweils einen zentralen tanzenden Pagen in einem Baldachin auf. Front mit drei Schubladen. Reiche Bronzebeschläge in Form von Frauenköpfen, Muscheln, Blättern, Maskarons sowie gravierten Profilstäben. 1 Schlüssel.
132 × 67,5 × 81 cm.
Für den Export dieses Objekts ist eine CITES-Bescheinigung notwendig. Die Beschaffung dieses Dokuments obliegt dem Käufer. Der Versand ins Ausland ist durch Koller Auktionen nicht möglich. Bitte kontaktieren Sie die Abteilung für weitere Informationen.

Marketerie restauriert, mit einigen Kittungen und Ergänzungen, die Gravuren teils stark verschliffen. Vergoldung der Bronzeapplizierungen teils später, die Schlüsselschilder wohl 19. Jh.

Nicolas Sageot kam 1666 in Sermaize-en-Champagne zur Welt und starb am 8. Januar 1731 in Paris. 1711 heiratete er die Tochter des Ebenisten Jacques Roussel. Sein Werk wurde erst in jüngster Zeit entdeckt und erforscht. Nachdem Sageot sich im letzten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts als freier Handwerker im Faubourg Saint-Antoine niedergelassen hatte, wurde er 1706 Tischlermeister. Sein Atelier befand sich gegenüber der Bastille, an der Kreuzung der grossen Rue du Faubourg Saint-Antoine und der Rue de la Roquette, wo der Eingang seines Geschäftes "Soufflet Royal" war. Es war, wie jenes von André-Charles Boulle, eines der Höchstentwickelten gegen Ende der Herrschaft Louis XIV und der Régence. Sageots Atelier war sehr erfolgreich - der Künstler schätzte 1711 seine Güter auf 12 000 Livres. Im Januar 1720 schloss Sageot einen wichtigen Vertrag mit Claude Léonard Prieur ab, der seit dem 13. Mai 1718 "Marchand Mercier Joaillier privilégié du Roy suivant la Cour" war. Der Vertrag regelte den Kauf von 32 kostspieligen Möbelstücken. Durch ihn kann man mehrere Bibliotheken und Schränke "avec leurs côtés de marqueterie" und mit Kuppeln belegen, die für je 900 bis 1000 Livres verkauft wurden, und solche ohne Kuppeln, die für je 500 Livres den Besitzer wechselten. Hinzu kamen 15 reich geschmückte Kommoden, ein grosser Schreibtisch zu 700 Livres und zwei kleinere Schreibtische "à jambes de biche". Alle diese Möbel sind ohne Ausnahme mit Schildpatt- und Messingmarketerien versehen. Wichtig ist hierbei der hohe Preis, der im Vertrag für die Schränke festgelegt wurde und sehr aussergewöhnlich ist. Der Wert der Schränke Sageots und die Bedeutung, die sie in der Produktionspalette des Ateliers haben, sind miteinander übereinstimmende Charakteristika, die, wie die Untersuchung der noch existierenden Möbel zeigt, sehr gut harmonisieren. Verglichen werden können diese Preise nur mit jenen, die A.C. Boulle für seine Schränke erzielte: 1700 lieferte dieser für 1000 Livres einen Schrank für das Vorzimmer des Schlosses Marly, 1701 verkaufte er Jean de Sauvion, dem Kriegsschatzmeister ("Trésorier des Guerres"), einen Schrank für 2000 Livres, 1715 wird in Boulles Büchern ein auf Auftrag angefertigter, jedoch unvollendeter Schrank mit dem Betrag von 1000 Livres erwähnt. Abgesehen von Pariser Sammlern und einem bedeutenden Teil der französischen Aristokratie, zählte Sageot auch Maximilian II, Emmanuel, Kurfürst von Bayern (1662-1726) und die schwedische Krone zu seinen Kunden. Das Oeuvre Sageots, nicht selten von bestechender Qualität, enthält somit einige Meisterwerke. Mit Ausnahme des Schrankes Beloselsky, des Schrankes aus einer Auktion von 1922 und der Kommode der "Geburt der Venus", die sich in Privatbesitz befinden, sind die Hauptwerke Sageots Bestand der Sammlungen des Musée National du Château de Versailles, des Musée du Petit Palais in Paris, des Museums von Schloss Champs, des Königspalastes Stockholm, des National Museet in Stockholm, des Bayerischen Nationalmuseums in München, des Ansbacher Residenzmuseums, des Victoria & Albert Museum, der Wallace Collection in London, des Rijksmuseum in Amsterdam und des Musée de l'Ermitage in Sankt Petersburg.

Vier Möbel von Sageot mit Signatur sind überliefert. Ein Schreibpult „Mazarin“, das sich in der Königlichen Sammlung in Stockholm befindet, ein Vitrinenschrank (verkauft bei Drouot 1988) sowie zwei Halbschränke (verkauft bei Christie’s Monaco, 1992). Die beiden ersten zeigen eine Marketerie in Rot gefärbtem Schildpatt und Messing in der Art von Jean Bérain. Die Marketerie auf dem Blatt unserer Kommode ist derjenigen des Stockholmer Pultes sehr ähnlich. Auch sprechen die vorwiegend in Weichholz ausgeführte Konstruktion sowie die verwendeten Bronzezierteile für eine mögliche Urheberschaft Sageots. Dieselbe Zuschreibung wird auch von Pierre Grand für eine sehr ähnliche Kommode mit Contre-Boulle Marketerie in dessen Untersuchung über den Ebenisten Sageot gemacht (Pierre Grand. Le Mobilier Boulle et les ateliers de l’époque. In: L’Estampille. L‘objet d’art. Nr. 266, Februar 1993).

CHF 80 000 / 120 000 | (€ 82 470 / 123 710)

Verkauft für CHF 134 500 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr