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Lot 3468* - A201 PostWar & Contemporary - Donnerstag, 30. Juni 2022, 17.00 Uhr

ANSELM KIEFER

(Donaueschingen 1945–lebt und arbeitet u.a. in Paris)
Des Malers Atelier. 1982.
Gouache und Offset auf Papier.
Mittig in der Darstellung betitelt: Des Malers Atelier, sowie verso signiert und datiert: Anselm Kiefer 82.
59 × 78 cm.

Provenienz:
- Marian Goodman Gallery, New York.
- First Bank of Minneapolis.
- Lang & O'Hara Gallery, New York (verso mit dem Etikett).
- Privatsammlung Baltimore.
- Christie's New York, Auktion 28.09.2017, Los 81 (verso mit dem Etikett).
- Lempertz Köln, Auktion 03.12.2021, Los 45 (verso mit dem Etikett).
- Privatsammlung Norddeutschland.

Ausstellung: Baltimore 1988, German Expressionist Graphics. The Baltimore Museum of Art, 9. August - 9. Oktober 1988 (verso mit dem Etikett).

„Es sind verlassene Bauwerke / Orte / Räume, die er untersucht, besetzt, markiert, in denen er sich auf Spurensuche begibt, um selbst Spuren zu hinterlassen. Räume, die ihm erlauben, einen eigenen Kosmos zu schaffen. Orte, die er durch Erinnerungen und Spuren reflektiert und interpretiert.“ (zit. Susanne Kleine in: Anselm Kiefer am Anfang. Werke aus dem Privatbesitz von Hans Grothe, Ausst. Kat., Köln 2012, S. 68)

Diese markante Beschreibung des Ateliers von Anselm Kiefer und ihrer zentralen Bedeutung für das Gesamtwerk verdeutlicht den hohen Stellenwert und die untrennbare Verbindung des Ortes, an dem die Werke entstehen, mit der Wesenheit des finalen Werkes. Es sind magische Räume, an denen die oft sperrigen, buchstäblich auch bleischweren Werke von Anselm Kiefer entstehen: eine aufgelassene Ziegelei im Odenwald, eine stillgelegte Seidenfabrik in den französischen Cevennen, leerstehende Lagerhallen, angefüllt mit Industrieabfall und umgeben von einsamer, verwilderter Natur.

Anselm Kiefer zählt zu den bekanntesten deutschen Künstlern der Gegenwart. In seinem von schwerer Materialität geprägten Werk setzt er sich mit existentiellen Fragestellungen auseinander. Politik, Religion, Mystik, Mythos, Alchemie und Kosmologie bilden die Themenkomplexe, aus denen Anselm Kiefer seine bildnerischen und skulpturalen Werke zusammensetzt. In den grossen, kargen Räumen seines Ateliers scheint der Geist der Geschichte allgegenwärtig zu sein. Gleichwohl zieht sich der direkte Einfluss seiner Ateliers auf seine Arbeiten wie ein roter Faden durch sein Werk: Häufig wechselnde Orte, in ihrer schieren Grösse stets wachsend, selbst Träger von Geschichte, Erinnerungen, Spuren vorangegangener Generationen. Nicht reale Historie wiederzugeben interessiert den Künstler, sondern deren Spuren, das was übrig geblieben ist, zu archivieren. Wenn Anselm Kiefer sich nun in seinem Werk direkt auf das Thema „Des Malers Atelier“ bezieht, verweist er auf den essenziellen Wert dieses Ortes. So wie in seinen Bildern stets Raum für die eigene Entfaltung und Assoziation ist, so dient auch die Grösse des Ateliers der Entfaltung einer Welt, in der Kiefer sich als „Assistent der Erinnerung“ versteht.

In dem hier angebotenen Werk scheinen die Dächer einiger Gebäude (von Kiefer als des Malers Atelier mit Bleistift bezeichnet) aus den dunklen Schwaden des Himmels und dem düsteren Gestrüpp der Wiese hell hervorzustechen wie ein verheissungsvolles Versprechen. Gleichzeitig bleibt das Verborgene, Mythische erhalten. Wie Relikte einer vergangenen Zeit scheinen die Gebäudefragmente nichts Preis zu geben, sondern lassen nur erahnen, sind Spuren einer umfassenderen Wirklichkeit.

CHF 50 000 / 70 000 | (€ 51 550 / 72 160)