Lot 3417 - A203 PostWar & Contemporary - Donnerstag, 01. Dezember 2022, 14.00 Uhr
RICHARD PAUL LOHSE
(1902 Zürich 1988)
Zwei und zwei gleiche Farbgruppen. 1965/69.
Öl auf Leinwand.
Auf dem Keilrahmen signiert, mit Ortsangabe, betitelt und datiert: Richard Paul Lohse Zürich Zwei und zwei gleiche Farbgruppen 1965/69, zudem mit Richtungspfeil.
60 × 60 cm.
Provenienz: Durch Erbschaft an den heutigen Besitzer, Privatsammlung Schweiz.
Ausstellung: Zürich 1969, Modulare Ordnungen. Galerie Ziegler, November - Dezember.
Inspiriert von den Ideen des russischen Konstruktivismus und der niederländischen De Stijl Bewegung, widmet sich der Schweizer Richard Paul Lohse in seinem Werk der mechanischen Repetition von Formen und Elementen, welche in den 1940er Jahren in den Anfängen der Zürcher Konkreten mündet. Lohse wird 1902 in Zürich geboren und arbeitet als gelernter Reklamezeichner autodidaktisch an kubistisch-expressiven Stillleben. Schon in dieser Zeit beschäftigen ihn Kurvaturen und diagonale Konstruktionen; in den 30ern übernimmt Lohse als Grafiker und Buchgestalter eine Pionierrolle in der modernen Schweizer Grafik. 1943 gelingt ihm mit der Standardisierung von Bildmitteln und seiner Entwicklung modularer und serieller Systeme, die ihn zu seiner eigenen künstlerischen Lösung der abstrakten, konstruktiven Kunst führen, der Durchbruch in der Malerei.
Heute stellt Lohse zusammen mit Bill und Honegger eine der Leitfiguren der Konkreten Kunst, Publikationen wie "Neue Ausstellungsgestaltung" mit neuen Begriffen wie Prinzipien der Variabilität, Kontinuität der Strukturen, Identität von Form und Farbe und dialektische Bildformulierung finden über Kunstkreise hinaus noch heute grosse Beachtung.
Frei von Zufall und Unvorhersehbarkeit ist sein Oeuvre in sogenannte serielle und modulare Ordnungen gruppiert. Erstere basieren auf fortlaufenden Reihen und einer ebenso kontinuierlichen Abfolge von Farben, die durch Kombination in Bewegung geraten. Die Systeme bieten dem Künstler unbegrenzte Möglichkeiten und heben somit die Bildbegrenzung auf. Hingegen weisen letztere ein festes Zentrum auf, von dem sich aus alle weitere Bewegung entwickelt, wodurch es definitiv eine Bildbegrenzung gibt.
Seit 1943 arbeitet er ausschliesslich mit Quadraten und Rechtecken, die ein Koordinatennetz entstehen lassen, mit dem der Künstler frei arbeiten kann. Gleichzeitig verbannt er damit Natur, Symbolik und Dynamik aus seiner Formsprache.
Das vorliegende Werk, dessen erster Entwurf von 1965 datiert, entspringt der Gruppe modularer Ordnungen. Im Zentrum stehen vier Quadrate in Rosa, Blau, Gelb und Grün. Von diesem Mittelpunkt aus erstrecken sich die zwei Farbgruppen Rosa-Grün sowie Blau-Gelb in gleichwertiger horizontaler und vertikaler Symmetrie über die Bildfläche. In Lohses Werk findet man weder Perspektive noch Tiefenwirkung, vor dem Betrachter offenbart sich also ein explizit zweidimensional wirkendes Gemälde. Dass die Bildkonstruktion einem strengen Plan folgt, verdeutlicht unter anderem die Spiegelung der Farben innerhalb der Farbgruppen, während die Form der Farbfelder konstant bleibt. Farbe und Form stehen dementsprechend weder kompositorisch noch symbolisch zueinander in Konkurrenz.
Die satte Farbgebung unterstreicht die für den Künstler zentrale Bedeutung der Farbtonalität und -qualität. Statt Standardtöne zu verwenden, mischt und korrigiert er die Farbtöne immer neu, bis sie seinen Ansprüchen gerecht werden. Ebenso methodisch wie Lohses Bildaufbau erfasst auch das Auge des Betrachters die Farbgruppen: angezogen vom Reichtum der Farbformen folgt das Blosslegen der Gestaltungsprinzipien, bevor man sich schlussendlich der Wiederherstellung der visuellen Einheit verschreibt.
CHF 40 000 / 60 000 | (€ 41 240 / 61 860)