Sie haben noch kein Login?

Klicken Sie hier um sich zu registrieren »


Wenn Sie bereits registriert sind - Login:




Lot 3231* - Z36 Impressionismus & Moderne - Freitag, 27. Juni 2014, 17.00 Uhr

WASSILY KANDINSKY

(Moskau 1866–1944 Neuilly-sur-Seine)
Ruine. 1905.
Gouache auf dunkelgrauem Papier, auf Karton.
Unten links signiert: KANDINSKY.
33 x 48 cm.

Provenienz: - Gummesons Konstgalleri, Stockholm (bis ungefähr Ende 30er Jahre). - T. Neumann, Stockholm. - J. B. Neumann, New York, Sept 1956. - Roland, Browse and Delbanco, London. - Margit Chanin, New York, 1957-1975. - Bessie Horowitz, New York, bis 1978. - Sotheby's New York, 2. November 1978, Lot Nr. 132B. - Sotheby's New York, 12. Mai 1987, Lot 127. - Christie's London, 3. April 1990, Lot 126. - Privatsammlung. Ausstellungen: - Paris 1905: Salon d'Automne: 3e Exposition, Grand Palais des Champs-Elisées, 18. Oktober - 25. November 1905, Paris, Nr. 827. - Krefeld 1906: Kaiser-Wilhelm-Museum, Februar 1905 (Hauskatalog). - Frankfurt 1906: K. Hof 1906 (Hauskatalog). - Karlsruhe 1906: Badischer Kunstverein 1906 (Hauskatalog). - Berlin 1906: Secession Frühling, XI. Ausstellung 1906 (Hauskatalog). - Stockholm 1932: Kandinksky. Gummesons Konsthall, 15. - 30. September 1932, Stockholm, Nr. 9. - Tokyo 1989: Wassily Kandinsky. Fuji Television Gallery, 10. - 28, April 1989, Tokyo. Literatur: - Barnett, Vivian Endicott: Kandinsky. Werkverzeichnis der Aquarelle, Bd. I 1900-1921, München 1992, Nr. 180, S. 168 (mit Abb.). - Grohmann, Will: Wassily Kandinsky. Life and Work, New York 1958, S. 343, 403 (mit Abb.). - Gordon, Donald E.: Modern Art Exhibitions 1900-1916, München 1974 Bd.II, S. 138, 169. - Fineberg, Jonathan B.: Kandisky in Paris 1906-07 (Ann Arbor MI, 1984), PhD disseratation 1974, S. 52-53. "Algère, Tunis, Tangère, Egypten... Afrika. Winter dort und Frühling Spanien und Frankreich." Weit weg jedenfalls von München, wo Ehefrau Anna Semjakina wartet: So stellt sich Wassily Kandinsky die Reise mit seiner Freundin Gabriele Münter vor, die er ihr im Frühsommer 1904 in einem Brief vorschlägt. Seit zwei Jahren sind die ehemalige Malschülerin und ihr Lehrer, die sich in der von ihm gegründeten progressiven Künstlervereinigung Phalanx in München kennengelernt haben, ein Paar; gerne trifft man sich ausserhalb der Stadt auf dem Land, und gerade sind sie zusammen in Holland gewesen. Im Dezember 1904 brechen sie also auf. Aus den grossen Plänen wird zwar zunächst nur ein dreimonatiger Aufenthalt in Tunesien, doch diese Reise ist der Anfangspunkt der grossen Orientsehnsucht und -reisen deutscher Künstler wie August Macke und Paul Klee. Münter und Kandinsky verbringen die Monate vor allem in Tunis und unternehmen Ausflüge nach Kairouan, Sousse, Karthago und zu dem Küstenstädtchen Sidi Bou Saïd. Es ist eine Zeit intensiven gemeinsamen Arbeitens in verschiedensten Techniken und Materialien. Beide Künstler schaffen kleinformatige Ölgemälde und zahlreiche Bleistiftzeichnungen. Von Gabriele Münter sind auch 180 Fotografien erhalten, auf denen sie mit ihrer Kodak-Kamera "Bull's Eye No.2" Gassen und Torbögen, Cafés, Läden und Märkte mit Einheimischen dokumentiert. Die für sie "typisch orientalischen", "exotischen" Motive aber halten beide Künstler in Tempera auf Tonpapier fest. Die Städtische Galerie im Lenbachhaus München etwa bewahrt von Gabriele Münter das "Strassenbild in einer afrikanischen Stadt" auf, das mit seiner zentralperspektivischen Ansicht gewisse Ähnlichkeiten mit Kandinskys "Strasse in Tunis" aufweist (Hermann und Margrit Rupf-Stiftung / Kunstmuseum Bern). Doch haben die Temperaarbeiten der beiden Maler einen völlig unterschiedlichen Charakter. Hell und licht Münters Werke; dunkel-geheimnisvoll Kandinskys Arbeiten. Denn er wählt für seine rund 20 heute bekannten, im Zusammenhang mit der Tunesienreise entstandenen Temperaarbeiten ein tiefgraues Tonpapier, auf das er die leuchtende Farbe so setzt, dass das ausgesparte Grau des Trägers die farbigen Flächen als dunkle, trennende Linien begrenzt. Diese effektvolle Technik erinnert an ein Bildnegativ bei der herkömmlichen Fotografie und unterstreicht die Traumhaftigkeit und Exotik der Darstellung. Die äusserst präzise Platzierung der Flecken, Striche und Tupfe verweisen auf Kandinskys intensive Beschäftigung mit dem französischen Neoimpressionismus und Pointillismus, doch sind auch gewisse Anklänge an den Jugendstil feststellbar; bei unserer "Ruine" etwa in der Darstellung des dekorativen Orangenbaums rechts oder des Palmenstamms. Auch die metallisch schimmernde Farbe, die Kandinsky zwischen die Palmwedel gesetzt hat, ist ein Bildmittel des Jugendstils. Strahlende Farben auf dunklem Untergrund sind zwischen 1902 und 1907 vor allem für diejenigen Werke Kandinskys kennzeichnend, in denen er "Altertümliches" oder Folkloristisches aus seiner russischen Heimat thematisiert, etwa das treffend betitelte "Bunte Leben" von 1907 (Städtische Galerie im Lenbachhaus München, Leihgabe der BayernLB), das "Wolgalied", gesungen von Fährmännern auf reich geschmückten Wikingerbooten (1906, Musée nationale d'art moderne, Centre Pompidou, Paris) oder das sehr bekannte märchenhafte "Reitende Paar" (1906, Städtische Galerie im Lenbachhaus München), das durch einen Birkenwald reitet, im Hintergrund ein schimmernder Fluss und eine hell erleuchtete Stadt. Mit den Temperabildern der Tunesienreise beginnt Kandinsky eine rege Ausstellungstätigkeit. Unsere "Ruine" war noch im Entstehungsjahr 1905 auf dem berühmten Salon d'Automne in Paris erstmals zu sehen. Diese Ausstellung ist in die Kunstgeschichte eingegangen, gilt sie doch bis heute als Beginn der avantgardistischen Malerei des 20. Jahrhunderts. Denn dort erhielt die Gruppe um Henry Matisse und Andre Derain den Namen "Fauves", die "Wilden". In diesem Salon waren gemeinsam mit unserer "Ruine" aus Kandinskys dunkelgrauer Tunesien-Serie auch seine heftig bewegte "Arabischen Reiterei" und das tonige Landschaftsbild "Arbeitende Neger", auf dem die Protagonisten allerdings eher gestikulierend in einem Kreis beieinander stehen, zu sehen. Beide Werke befinden sich heute in der Sammlung der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München.

CHF 300 000 / 350 000 | (€ 309 280 / 360 820)

Verkauft für CHF 324 000 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr