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Lot 3074 - Z36 Schweizer Kunst - Freitag, 27. Juni 2014, 14.00 Uhr

FÉLIX VALLOTTON

(Lausanne 1865–1925 Paris)
Trois femmes jouant avec des crabes. 1910.
Öl auf Leinwand.
Unten rechts mit Stempel signiert und datiert: F. VALLOTTON. 10.
100 x 81 cm.

Provenienz: - Succession F. Vallotton, Nr. 293. - Galerie Vallotton, Lausanne, Nr. 985. - Sammlung Pierre-René Vallotton, Richmond. - Sammlung Paul A. Vallotton, Pully. - Schweizer Privatsammlung. Ausstellungen: - Paris, 1926, Nr. 16. - Lausanne, 3.7.-7.9.1991, Maîtres suisses et français, Galerie Vallotton Lausanne, Nr. 8. Literatur: - Livre de raison, Nr. LRZ 717. - Budry, Paul: Chronique de Suisse. Félix Vallotton. In: Les Chroniques du jour, 6.5.1930, Paris, S. 13ff (mit Abb. S. 14). - Calame, Christophe: Galerie Vallotton à Lausanne. Trésors du début du siècle. In: Scènes magazine, Nr. 51, September 1991, Genf, S. 44. - Ducrey, Marina: Félix Vallotton (1865-1925) - L’œuvre peint - catalogue raisonné, Zürich und Lausanne 2005, Bd. III, S. 458, Nr.764 (mit Abb.). Drei Akte junger Frauen, ineinander verschlungen wie Teile eines Puzzles, sich innig an den Schultern haltend und zu einer körperlichen Einheit werdend, bilden das Motiv dieses Vallotton Gemäldes aus dem Jahre 1910. Lediglich die klaren Linien ihrer Silhouetten und die verschiedenen Haarfarben lösen die Körper schemenhaft aus ihrem ansonsten so einheitlichen Erscheinungsbild. Die Besonderheit des Gemäldes "Trois femmes jouant avec des crabes" ist die An-lehnung an die Tradition der "Drei Grazien", beziehungsweise der "Chariten". Diese Göttinnen der Anmut und der weiblichen Grazien entstammen der griechischen Mythologie, stehen eng mit Aphrodite in Verbindung und sind ebenfalls in der römischen Mythologie vertreten. Die "Drei Grazien" waren in der Kunstgeschichte ein beliebtes Motiv, da die drei Frauenkörper nur durch leichte Schleier bedeckt dargestellt wurden, oder aber als Akte der weibliche Körper unverfänglich gezeigt werden konnte. Eine der berühmtesten Plastiken der "Drei Grazien" stammt aus dem 3. Jh. v. Chr. Von den zahlreichen Kopien befindet sich eine im Dom von Siena, die ab der Re-naissance Vorbild für zahlreiche Kunstwerke war. So unter anderem bei Botticelli im Gemälde "La Primavera" (um 1480, Florenz, Uffizien) sowie besonders richtungsweisend in Raffaels "Drei Grazien" (1504/1505, Chantilly, Musée Condé). Des Weiteren thematisiert das Motiv Lucas Cranach der Ältere (1531, Paris, Sammlung Seligmann) und Rubens ( a) 1620-21, Wien, Akademie der bildenden Künste sowie b) 1620-1623, Florenz, Uffizien und c)1638-40, Madrid, Prado). Entgegen des traditionellen Typus, bei welchem stets eine der drei Grazien dem Betrachter den Rücken zukehrt, wählt Vallotton eine divergierende Ansicht, die alle drei Grazien von vorne und besonders eng umschlungen darstellt. Die ursprüngliche Idealvorstellung des weiblichen Aktes übernimmt Vallotton nicht, sondern wählt einen modernen Weg, zeigt vielmehr den durchschnittlichen Körper einer Frau und befreit diesen vom stereotypen Muster der Aktdarstellung. Die ästhetische Kombination aus imaginärer, maritimer Landschaft und Aktmalerei ist dabei typisch für den Künstler. Das Spiel mit den zwei Krabben bildet zudem eine Besonderheit im Umgang mit dem mythologischen Vorbild. Marina Ducrey interpretiert das Spiel mit den zwei Schalentieren in Kombination mit den drei Akten als Andeutung auf Sapphismus (Ducrey, 2005, Bd. III, S. 458). Dies würde den traditionellen Typus der Drei Grazien in ein anderes Licht rücken und das Gemälde als Parodie darauf präsentieren. Die Krabbe als Symbol für Erotik im Zusammenspiel mit weiblichen Figuren ist zur Zeit der Jahrhundertwende zum vergangenen Jahrhundert hin nicht neu, sondern zahlreich anzutreffen. So widmet sich Maillol mit seiner Bronze "Femme au crabe" (1902-1903, Guggenheim Museum, New York, Collection Thannhauser) der Kombination von Schalentier und Frauenakt (vgl. Ebda S, 374). Auch Picasso greift die Krabbe als erotisches Symbol auf, jedoch weitaus später als Vallotton in der Darstellung "Baigneuses avec crabe" (1938, Musée Picasso, Paris). Vallotton beschäftigt sich bereits einige Jahre vor dem Gemälde "Trois femmes jouant aves des crabes" mit dem Schalentier und einem weiblichen Akt am Strand. Im Bild "Femme au crabe" aus dem Jahr 1907, welches sich heute in einer Schwei-zer Privatsammlung befindet, ("Femme accroupie jouant avec un crabe", Ducrey, 2005, Bd. II S. 374, Nr. 615) spielt die hockende Badende konzentriert mit einem kleinen Ast oder Halm mit dem Schalentier im Sand. Diese erste erotisch anmutende Verbindung, bei der die Krabbe nicht mit der Hand berührt wird, setzt sich fort im hier beschriebenen Gemälde, das drei Frauen zieren, die sich mit zwei Krabben vergnügen und gegenseitig necken. Diese erotisch anmutende Verbindung übernimmt Vallotton nochmals gegen Ende seiner Schaffenszeit, im Jahr 1924, im Bild "Femme au crabe" (Ducrey, 2005, S. 847, Nr. 1633). Auch hier kniet ein weiblicher Akt im Sand neben einer Krabbe. Obwohl die drei Bilder gleichermassen auf die Erotik zwischen Krabbe und nacktem Frauenkörper verweisen und die maritimen Szenen von Vallotton in einer leichten Untersicht mit niedrigen Horizontlinien dargestellt werden, fällt das Gemälde der drei Frauenakte mit der thematischen Anlehnung an die drei Grazien besonders auf, da die Krabben direkt in die Bewegungen der Frauen eingebunden sind. Der Kontakt zwischen dem nackten Körper und den Krabbenscheren scheint kurz bevor zu stehen und überträgt eine erotische Spannung vor dem ansonsten so ruhigen Hintergrund. Der ästhetische Kontrast der Blautöne des Himmels mit leichten Schleierwolken und dem schmalen Ausschnitt des Meeres zu den Körpern im Sand rundet die Szenerie eindrücklich ab. Das mythologisch besetzte Thema der "Drei Grazien" wird von Vallotton durch seine moderne Darstellungsweise mit neuen Motiven der Erotik und der Liebe unter Frauen aufgeladen und besticht durch die eigenwillige und etwas schelmische Bildsprache.

CHF 450 000 / 600 000 | (€ 463 920 / 618 560)

Verkauft für CHF 572 000 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr