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Lot 1283* - A170 Möbel, Porzellan & Dekoration - Donnerstag, 18. September 2014, 10.00 Uhr

PRUNK-PENDULE "AUX TROIS FIGURES D'ATLAS" MIT PLANETARIUM UND ARMILLARSPHÄRE,

Directoire/Empire, das Stundenzifferblatt sign. INV.FEC MARTINENGO HR A PARIS, nach zeichnerischen Vorlagen von C. PERCIER (Charles Percier, 1764-1838) und P.F.L. FONTAINE (Pierre François Léonard Fontaine, 1762-1853), die Bronzen von der MAISON JACOB, Paris um 1820.
Weisser Marmor sowie vergoldete und patinierte Bronze. Dreieckiges Gehäuse mit 3 Atlantenfiguren, welche den markanten Planetarium- und Armillaraufsatz tragen, auf profiliertem Sockel. Die Seiten jeweils mit 3 Zifferblättern; das erste mit arabischen Stunden- und Minutenzahlen, das zweite mit fein bemalter Mondphase und Bezeichnung "Phase de lune", das dritte mit Datum, Wochentage und "quantième". Feines Ankerwerk "à complications" mit Scherengang, verbunden mit dem vergoldeten Planetarium. In dessen Mitte in vergoldeter Bronze die Sonne, die eklyptisch drehende Erde und der diese umlaufende Mond, umgeben von Mars in Form eines versilberten Sternes, Jupiter mit 4 Monden sowie Saturn und Merkur in Elfenbein. Getragen werden sie von 4 Armillarringen mit "colure des equinox", "colure des solstices", "colure du mois" und "colure des signes zodiaques". Ausserordentlich feine Bronzebeschläge und -applikationen in Form von Girlanden, Apollo- und Venusmaskaron, Relief mit Darstellungen der Psyche. 34x34x89 cm.

Provenienz: Privatsammlung, Belgien. Mit ausführlichem Gutachten von J.D. Augarde, Paris 2014. Das Modell der hier angebotenen Pendule wurde für Bernard François, Marquis de Chauvelin (1766-1832) der 1789 einer der zwei "Maîtres de la Garderobe du Roi" war, entworfen. Er war Botschafter in London im Jahr 1792, wurde 1799 Mitglied des napoleonischen Tribunal und machte in den Diensten des späteren Kaisers eine brillante Karriere; Staatsrat, Präfekt der Lys, Generalintendant Kataloniens. Während der Restaurationsepoche wurde er mehrfach als Abgeordneter ins Parlament gewählt, wo er jeweils Mitglied der Opposition war. Während des Directoire liess B.F. Chauvelin seinen Palast an der Rue Chantereine (heute Rue de la Victoire) unweit von Napoleons Domizil neu dekorieren von den beiden bedeutendsten Architekten und Entwerfern der Epoche, C. Percier und P.F.L. Fontaine. Letzterer notierte diesbzüglich in seinem Journal von 1804: "Nous (lui) sommes redevables de la bienveillance de Madame Bonaparte qui nous a mis dans la situation où nous nous trouvons. C'est en voyant ce que nous avons fait qu'elle a bien voulu augurer favorablement de nos talents et qu'elle nous a fait appeler près d'elle". Die Zeichnung von C. Percier, ehemals Auktion Binoche et Godeau, 22.3.1991 (Katalognr. 36) und heute Teil der Sammlungen des Museé Nationale von Malmaison, stellt ein sehr seltenes Exemplar eines "konkretisierten" Entwurfes dar. Darauf gezeichnet ist eine modellogleiche Pendule dargestellt mit der Bezeichnung "Pendule exécuté par Jacob / chez M. Chauvelin". Das Vorfinden eines Deckenleuchters auf der gleichen Entwurfszeichnung, welcher für Malmaison unter der Leitung von C. Percier und P.F.L. Fontaine geplant wurde lässt die Vermutung zu, dass das Konzept der Pendule ebenfalls in diese Epoche zu datierten ist, nämlich im zweiten Semester des Jahres 1800. Die Urheberschaft der beiden Architekten ist sicher: das sehr eigenwillige und originelle dreieckige Postament, oft vorzufinden als Basis einer Girandole, erinnert an römische Altare. Ebenfalls von antikem Einfluss ist die Früchtegirlande, welche andeutungsweise die Zifferblätter trägt, findet sich in analoger Form an einer Buiscuit-Pendule von Sèvres sowie auf der Tafel 38 des berühmten "Recueil de Décorations Intérieurs". Schliesslich offenbaren die drei Atlantenfiguren den markanten Einfluss der Antike, welche seit der Renaissance die Dekorationssprache prägte. Alle dekorativen Bronzen - und wohl auch die Atlantenfiguren - wurden von Jacob Frères gefertigt, wie auch die Basen in Holz, von denen heute noch zwei bekannt sind. Die persönlichen und geschäftlichen Verbindungen waren seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert belegt; C. Percier und P.F.L Fontaine waren Trauzeugen von F.H.G. Jacob-Desmalter im Jahre 1798 und als die beiden Jacob-Brüder ihre Zusammenarbeit begannen, konnten sie von der Auflösung der Zünfte profitieren, um den gesamten Prozess der Möbelherstellung in kompletter Eigenregie zu fertigen. F.H.G. Jacob-Desmalter behielt so das Eigentum der Bronzemodelle. Im Jahre 1812 wurde im "Grand magasin des meubles confectionnés au premier étage sur la seconde Cour" Folgendes festgehalten: "Une pendule surmontée de trois hercules de bronze portant un globe orné de trois cadrans marquants les heures, secondes, quantièmes du mois, les phases de la lune, le tout dans sa boite en bois d'acajou avec ornements de bronze doré et couvert de sa cage de verre prisée 2500 francs". Es sind drei weitere solche Pendulen bekannt. Die erste, womöglich jene des Marquis de Chauvelin und mit Mahagoni-Postament, wurde bei Christie's New York am 29.11.2012 (Katalognr. 307) für 338 000 USD vom Pariser Kunsthandel erworben. Eine zweite mit Mahagoni-Postament, jedoch nicht mit kompletten Planetarium, war einst in den Sammlungen N. Tieger in Mailand und ist abgebildet in: N. Tieger, Horloges Anciens, Mailand 1990; S. 184f.). Die dritte, mit grünem Marmorpostament, wurde bei Aguttes am 8.12.2003 (Katalognr. 64) in Neuilly verkauft. Die hier angebotene Pendule unterscheidet sich zu den drei erwähnten Uhren in der Anordnung des Planetariums und im Motiv der Atlasfiguren, die ganz in der Art der italienischen Renaissance gefertigt sind. Zudem weist unsere Pendule mit den vier Ringen eine Armillarsphäre auf. Sie ist die einzige der bislang bekannten Pendulen, die den Namen eines Uhrmachers trägt: Martinengo à Paris sowie "inv" (invenit) und "fec" (fecit). Damit muss Martinengo als der Urheber des Werks und des Planetariums bezeichnet werden. Sein hier angebotenes Meisterwerk unterscheidet sich stark von den zeitgleich gefertigten, und brevetierten Pendulen "planétaires" von Z.J. Raingo (1775-1845). Die Pendule der Sammlung Tieger wurde anlässlich der Auktion am 10.12.1975 bei Delorme in Paris als "de Janvier" - gemeint ist Antides Janvier (1751-1835) - bezeichnet, ohne quellenmässige Belege beizufügen. Diese Zuschreibung wurde, quasi in "pavlov'scher Manier", von M. Hayard in seinem Werk über A. Janvier, Horloger des étoiles, Paris 1975, übernommen. Ein fundiertes Studium über das Werk von A. Janvier hätte diesen Fehler nicht entstehen lassen, vergleiche hierzu J.D. Augarde / J.N. Ronfort, Antide Janvier - Mechanicien-astronome, Horloger ordinaire du Roim Paris 1998. Es ist somit davon auszugehen, dass A. Janvier diese Pendule nicht herstellte, zumal er wohl kaum keines der vier Exemplare signierte oder numerierte. Die Konstruktion des Planetariums sowie die Unterschiede zu den drei erwähnten Pendule erlauben eine Datierung in die Epoche von Louis XVIII. Martinengo, hatte während seines kurzen Pariser Aufenthaltes wohl die Idee, sein hier angebotenes Meisterwerk anlässlich der Expositions des Produits de l'Industrie vorzustellen. A. Janvier und Z.J. Raingo stellten zeitgleich ihre Prunkpendulen aus. Die Kriterien für die Annahme eines Objektes oder Pendule waren sehr streng und immer darauf bedacht, die neuesten und innovativsten Werke auszustellen. Die hier angebotene Pendule, ganz im Geiste des Empire gefertigt, hat wohl nicht mehr diesen Kriterien entsprochen. Eine Pendule mit Armillarsphären und Planetarium, ebenfalls signiert von Martinengo, wurde bei Antiquorum Genf am 14.6.2003 (Katalognr. 79) verkauft.

CHF 250 000 / 450 000 | (€ 257 730 / 463 920)

Verkauft für CHF 262 001 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr