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Lot 1147* - A184 Decorative Arts - Donnerstag, 22. März 2018, 10.00 Uhr

KLEINE KOMMODE,

Transition, sign. L. BOUDIN (Leonard Boudin, Meister 1761), Paris um 1765.
Mahagoni gefriest sowie ausserordentlich fein eingelegt mit Filets und Reserven. Prismierter Korpus auf wellig ausgeschnittener Zarge mit geschweiften Beinen. In der Mitte gebauchte Front mit 2 Schubladen ohne Traverse, darüber schmale Kopfschublade. Ausserordentlich feine, matt- und glanzvergoldete Bronzebeschläge und -sabots. Mehrfach profilierte "Brèche d'Alep"-Platte. Alte Inventarbez. SEL 210 mit Tinte, angebracht durch den Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg bei der Konfiszierung im Jahre 1940.
69x39x81 cm.

Provenienz:
- Ehemals Sammlung A.J. Seligmann in seiner Galerie, 128, Rue du Faubourg Saint-Honoré, Paris.
- Konfiszierung im Jahre 1940 durch den Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) unter Leitung von Oberst Kurt von Behr.
- Geliefert in das Hôtel de Beauharnais - die deutsche Botschaft, 78, Rue de Lille, Paris.
- Ausgestellt im Musée du Louvre.
- Lieferung nach Bayern
- Durch das Monument Men im Jahre 1945 gesandt in die Transitzone in Neuschwanstein.
- Lieferung am 22.10.1945 nach Paris und Rückgabe an die Familie Seligmann.
- Aus französischem Besitz.

Die hier angebotene Kommode ist abgebildet im Bundesarchiv Berlin; B 323 / 287, fol. 018, wo sie von den Monument Men im Jahre 1945 fotografiert und archiviert wurde. Sie ist zudem registriert und ausführlich beschrieben in den National Archives and Records Administration (NARA) unter Nummer RG 260 M1945 Reel 25 NARA.

Eine Kommode von L. Boudin aus der Transition-Epoche mit sehr ähnlichen Bronzebeschlägen ist abgebildet in: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 96.

A.J. Seligmann (geboren am 18.9.1858 in Frankfurt am Main) war Sohn eines Getreidehändlers und zog 1874 nach Paris, wo er die französische Staatsbürgerschaft annahm. Zunächst arbeitete er beim renommierten Auktionator P. Chevallier und beim Experten für mittelalterliche Kunst C. Mannheim. 1880 eröffnete er seine eingene Galerie an der Rue des Mathurins. Bald zählten die grössten Sammler der Epoche zu seiner erlesenen Kundschaft, so auch Baron E. de Rothschild. Im Jahre 1900 gründete er mit seinen Brüdern Arnold und Simon das Unternehmen Jacques Seligmann & Cie, das an der noblen Place Vendôme über vier Etagen Kunden empfing. Der durchschlagende Erfolg ermöglichte es den Brüdern, eine Filiale in New York zu eröffnen, wo Jacques - nach Differenzen mit seinem Bruder Arnold und den Wirren des 1. Weltkrieges - seine Tätigkeiten definitiv verlegte. Er kehrte erst in den frühen 1920er Jahren, nachdem sein Sohn Germain die Leitung der New Yorker Galerie übernahm, nach Paris zurück, wo er 1923 verstarb. Grosse Teile seiner Pariser Sammlung wurden während der deutschen Besetzung von Paris in den 1940er Jahren konfisziert und konnten teils nach dem Krieg an die Erben der Kunsthändler-Dynastie zurückerstattet werden. Die hier angebotene Kommode ist ein Beispiel hierzu.

L. Boudin führte sein Atelier in der Rue Traversière in Paris, wo er anfangs für den berühmten P. Migeon arbeitete. Die Quellen weisen vor allem auf Kommoden und Schminkmöbel mit Blumenmarketerie und Lackpanneaux hin. Der ab ca. 1760 immer grösser werdende Kundenkreis führte zu einer Steigerung des Auftragsvolumens, das Boudin nur in Zusammenarbeit mit bedeutenden "confrères" bewältigen konnte, wie zum Beispiel mit C. Topino, P. Denizot, P. Evald oder F. Gilbert. Dadurch wurden die Möbel oft mit zwei oder gar keinen Signaturen versehen. Einige unsignierte Stücke erlauben dennoch eine Zuschreibung an L. Boudin: Perfekte Verarbeitung, die Ausgewogenheit der Proportionen, ausserordentlich feine Bronzebeschläge und -sabots und zeitlose Eleganz sind Markenzeichen dieses berühmten Ebenisten. Auch die meisterhafte Verbindung der reich eingelegten Front mit bewusst zurückhaltend marketierten Seiten findet sich mehrfach im Werk von L. Boudin.

Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 86-98 (biogr. Angaben). D. Ledoux-Lebard, Le mobilier français du XIXe siècle, Paris 1989; S. 95 (biogr. Angaben). J. Nicolay, L'art et la manière des maîtres ébénistes français au XVIIIe siècle, Paris 1976; I, S. 23/24 (biogr. Angaben).

CHF 28 000 / 38 000 | (€ 28 870 / 39 180)

Verkauft für CHF 48 500 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr