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Lot 3219 - A185 Impressionismus & Moderne - Freitag, 29. Juni 2018, 16.00 Uhr

KEES VAN DONGEN

(Rotterdam 1877–1968 Monte Carlo)
Péniche à Delfshaven. 1907.
Öl auf Leinwand.
Verso auf der Leinwand signiert: Kees van Dongen.
40 x 48 cm.

Die Authentizität des Gemäldes wurde vom Wildenstein-Plattner Institut bestätigt, New York, 13. Dezember 2017.

Provenienz:
- Galerie Kahnweiler, Paris 1907 (verso mit Etikett).
- Dr. Alfred Ganz, St. Niklausen, Luzern.
- Paul Cassirer und Hugo Helbing, Berlin, Verkauf 30. Oktober 1928, Nr. 21 (als "Landschaft mit Kirchturm").
- Otto und Helene Welter, Waldkirch, bei obiger Auktion erworben.
- Privatsammlung Schweiz, durch Erbschaft von obigen und bis heute im gleichen Familienbesitz.

Ausstellungen:
- Genf, Musée d’Art et d’Histoire, Van Dongen, 31. Oktober - 29. November 1959 (verso mit Etikett).
- Paris 1967/68, Van Dongen, Musée National d’Art Moderne, 13. Oktober – 26. November 1967, Nr.2 (verso mit Etikett); diese Ausstellung reiste nach: Rotterdam, Van Dongen, Museum Boijmans van Beuningen, 8. Dezember 1967 – 28. Januar 1968 (verso mit Etikett).
- Marseille 1969, Hommage à Van Dongen, Musée Cantini, 27. Juni – 15. September 1969, Nr. 4 (verso mit Etikett).

Dieses Werk ist Teil einer Westschweizer Privatsammlung bedeutender Werke des französischen Expressionismus, welche bis in die 1920er Jahre zurückreicht. Diese blieb bis heute im gleichen Familienbesitz und wird nun von den Nachfahren zur Versteigerung gegeben.

Kees van Dongen zeigt hier seinen Geburtsort, die Hafenstadt Delfshaven, welche bereits in dieser Zeit mit Rotterdam zusammengewachsen ist. Das Haus, in welchem der Maler aufwächst, liegt zwischen zwei Häfen, es ist also von Wasser auf zwei Seiten umgeben. Kees van Dongen sagt, sich an seine Kindheit erinnernd: "Es war halb Dorf halb Stadt. Hinter dem Haus war Wasser, vor dem Haus war ein kleiner Gehsteig und dann auch Wasser. Die Schiffe fuhren vor dem Fenster vorbei. Alles war voll von Licht, voll von Farbe." (Übersetzt aus Guth, P., La Revue de Paris 56 1949, Bd. 1, S. 132)

1907 beginnt in Paris gerade sein finanzieller Durchbruch. Im Vorjahr verkauft er zum ersten Mal einige Werke an Bernheim-Jeune, der ihn ab 1908 fest unter Vertrag nehmen wird. Er reist zusammen mit Guus und Dolly, seiner Frau und seiner Tochter, im Februar für kurze Zeit in seine Heimat.
Es ist gut möglich, dass er von seinem Malerfreund Paul Signac inspiriert ist, sich erneut dem Sujet der Hafenszenen zu widmen. Denn dieser, ebenfalls bei Bernheim-Jeune ausstellend, schafft zu dieser Zeit einige Skizzen und schliesslich ein grossformatiges Gemälde (heute im Van Beunings Museum) in seinem typischen, pointillistischen Stil vom Rotterdamer Hafen. Er ist beeindruckt von der sich schnell verändernden Kulisse und schreibt an einen Freund: "Ich kämpfe gegen die Maas. Es ist ein immerwährendes Ballett aus Booten und Rauch. Und die Effekte, die sich jeden Moment ändern. Es ist keine Malerei, es ist Belastung" (Übers. aus: F. Cachin, Siganc, Catalogue raisonné, Paris 2000, S. 377). Es ist für ihn eine grosse Herausforderung, Bewegung durch den eher statischen Pointillismus darzustellen.

Das vorliegende Gemälde van Dongens könnte man als seine Antwort deuten. Es ist beeindruckend, mit welcher Sicherheit der Fauvist mit wenigen, sehr unterschiedlich farbigen Strichen die Schiffe, das Wasser und die Gebäude einfängt. Diese viel ruhigere Szene als jene des Haupthafens erfährt durch den expressionistischen Stil eine besonders kräftige Bewegtheit. Vielleicht möchte er auch eine Geschichte erzählen: Auffällig an der Komposition sind der in die Höhe ragende Mast des Schiffes und das markante Gebäude mit dem leeren abstehenden Fahnenmastes am rechten Ufer. Hierbei dürfte es sich um die Pelgrimvaderskerk (Vaterkirche der Pilger) handeln. Den Namen dieser Kirche geben ihr amerikanische Besucher: Denn 1608 flieht eine Gruppe englischer religiöser Andersdenkender in die Niederlande, nachdem sie die anglikanische Kirche verlassen haben. Nach einiger Zeit beschliessen sie, Pilger zu werden und die weiten Gewässer nach Amerika zu überqueren, wo sie Gott auf ihre eigene Weise anbeten. Das große Abenteuer beginnt genau hier am 21. Juli 1620. Dort erwartet sie ein Schiff, die "Speedwell", um sie nach Amerika zu bringen. Laut Chronik knieten die Pilgerväter im Gebet auf dem Kai in der Nähe der Kirche nieder.
Kees van Dongen, der Delfshaven für seine Kunst verliess, malt vielleicht nicht zufällig genau diese Stelle. Er sieht sich wohl selbst mit seiner eignen Speedwell unterwegs.

CHF 100 000 / 150 000 | (€ 103 090 / 154 640)

Verkauft für CHF 120 500 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr