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Lot 3230 - A185 Impressionismus & Moderne - Freitag, 29. Juni 2018, 16.00 Uhr

KEES VAN DONGEN

(Delfshaven b. Rotterdam 1877 - 1968 Monte Carlo)
Rouge et Jaune (L’Egyptienne). 1910-11.
Öl auf Leinwand.
Unten rechts signiert: van Dongen, sowie verso auf der Leinwand betitelt und signiert.
100 x 73 cm.

Die Authentizität des Gemäldes wurde vom Wildenstein-Plattner Institut bestätigt, New York, 30. Oktober 2017.

Provenienz:
- Otto und Helene Welter, Waldkirch, wohl in den 20er Jahren erworben.
- Privatsammlung Schweiz, durch Erbschaft von obigen und bis heute im gleichen Familienbesitz.

Ausstellungen:
- Paris 1911, Société des artistes indépendants, Quai d'Orsay, 21. April - 13. Juni 1911, Nr. 1879.
- Paris 1967/68, Van Dongen, Musée National d’Art Moderne, 13. Oktober – 26. November 1967, Nr. 95 (verso mit Etikett); diese Ausstellung reiste weiter nach; Rotterdam, Van Dongen, Museum Boijmans van Beuningen, 8. Dezember 1967 – 28. Januar 1968, Nr. 95 (verso mit Etikett).
- Marseille 1969, Hommage à Van Dongen, Musée Cantini, 27. Juni – 15. September 1969, Nr. 42 (verso mit Etikett).

Literatur:
- Diehl, Gaston: Van Dongen. Flammarion, Paris 1968, S. 35 (mit Abb.).
- Hopmans, Anita: Van Dongen, Fauve, anarchiste et mondain, Ausst. Kat. Musée d'Art moderne de la Ville de Paris, Paris 2011 (mit Abb.).

Dieses Werk ist Teil einer Westschweizer Privatsammlung bedeutender Werke des französischen Expressionismus, welche bis in die 1920er Jahre zurückreicht. Diese blieb bis heute im gleichen Familienbesitz und wird nun von den Nachfahren zur Versteigerung gegeben.

„Die Frauen, die er malt, sind […] von solch melancholischer Schönheit inspiriert, dass die Eingeweihten sie stundenlang mit verzücktem Blick anstarren“ (New York Times, 5. April 1908)

Zwischen 1908 und 1910 realisiert Van Dongen Ausstellungen in den Galerien Kahnweiler, Thannhauser und Bernheim-Jeune. Letztere geht gar einen festen Vertrag mit ihm ein und kauft auf einen Schlag um die vierzig Gemälde. Mit der damit einhergehenden finanziellen Absicherung beginnt für den Maler eine Periode des Reisens.
Für den aus Holland stammenden Maler wirkt die französische Szene zu eng, und er kann sich mit der teilweise stark französischen Ausrichtung seiner Malergruppe nicht gut identifizieren. Deshalb sucht er eine internationale Kunst, die eine kulturunabhängige Ästhetik umsetzen soll. So reist er mehr und weiter als alle anderen fauvistischen Malerfreunde. Die besonders ausdrucksstarken Gemälde Van Dongens, die aufgrund von Eindrücken seiner Reisen während des Winters 1910-11 nach Spanien und Marokko entstehen, beeindrucken die Pariser Kunstszene ausserordentlich. Die bedeutendsten Kritiker loben einstimmig seine Verdienste: Warnod, Salmon, Coquiot, Apollinaire, Vauxcelles, Elie Faure, René Jean, Guillaume Jeanneau berichten in den Zeitschriften wie „Cornique des Arts“ oder „Gil Blas“ von den Anregungen, die Van Dongen von den besuchten Ländern mitgebracht hat, und die er in Ausstellungen im Sommer 1911 präsentiert: Elie Faure nennt es zum Beispiel ein „sinnliches Gedicht der Welt“.
Von diesen farbintensiven, grossformatigen Gemälden, zu denen auch unsere „Egyptienne“ gehört, sind die meisten heute an den Wänden der bedeutendsten Museen weltweit zu bestaunen.
Meles Kyriazi schreibt zu der Entwicklung Van Dongens in den Jahren 1910-11, das vorliegende Werk zitierend:
"Van Dongen wird wieder zu einem "fauve violent". Er vereinfacht, verwendet kräftige Umrisse, lässt die Farben frei spielen, wobei dem Rot einen wichtigen Platz eingeräumt wird, wie wir in seinen Bildern "L'Egyptienne" und "Fatimah Ismaël de Louxor" sehen können (aus dem Französischen übersetzt: Jean Melas Kyriazi, Van Dongen et le Fauvisme, Lausanne 1971, S. 126).

Zu dieser Zeit, als die Fauvisten eher damit beginnen, ihren Stil hinter sich zu lassen und neue Wege zu gehen, übersteigert Van Dongen diesen geradezu und kommt mit seiner malerischen Konsequenz zu grossem Erfolg. Er lässt „unbeirrt die Farbe triumphieren“ (Gaston Diehl, Van Dongen, 1967, S. 49).
Sehr auffällig ist, welch eminente Rolle dabei der Farbe Rot zukommt, die geradezu als die Essenz der Stilrichtung insgesamt angesehen wurde: "Fauvismus", scherzte Matisse einmal, "ist, wenn Rot drin ist" (zitiert in John Klein, "Van Dongen, Postmoderne Fauve", in: Ausst. Kat. Van Dongen, 2008-09, S. 221).

Gerade bei Porträts, seinem liebsten Genre, setzt Van Dongen sehr gerne Rot ein, wie zum Beispiel in einem ebenfalls aus dem Jahr 1911 stammenden, grossformatigen Porträt seiner Frau Guus (Abb. 1), und auch in den meisten der orientalischen Porträts, welche zu den bisher teuersten Werken des Malers auf dem Markt zählen.
Diese Werke verkörpern einen ganz eigenen „Orientalismus“ Van Dongens. Thematisch sind sie subtiler, als die davor entstandenen Porträts von Bordell und Zirkusszenen, welche die Laszivität des Montmartre zeigen, wie ihn Van Dongen nach seinem Zuzug nach Paris erlebte.
Es geht dem Maler nicht nur um die Faszinazion des Exotischen orientalischer Kulturen, sondern es geht ihm vor allem darum, eine schillernde Spannung aus Distanz und Nähe erfahrbar zu machen. Obschon bei unserer Egyptienne wichtige Elemente eine diskrete Distanz schaffen, wie der sehr präsente, die Frau umgebende gelbe Schleier, entspricht die Dargestellte dennoch dem Archetypus Van Dongens: Eine sinnliche Frau mit roten Lippen und graziöser Haltung, die ihr Gegenüber mit intensivem Blick betrachtet. Durch den starken Kontrast der titelgebenden Farben Rot und Gelb entsteht eine grosse räumliche Tiefe, die diesen inhaltlichen Gegensatz von Distanz und Nähe auch formal erzeugt.

CHF 1 000 000 / 2 000 000 | (€ 1 030 930 / 2 061 860)

Verkauft für CHF 1 745 500 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr