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Lot 3018* - A186 Gemälde Alter Meister - Freitag, 28. September 2018, 14.00 Uhr

HANS VREDEMAN DE VRIES

(Leeuwarden 1527–1604 Antwerpen)
Gotisches Kircheninterieur. 1594.
Öl auf Holz.
Unten links auf der Säule signiert, datiert und bezeichnet: H. Vries 1594 AETA. 67 AN.
24,5 × 39,7 cm.

Provenienz:
- Sammlung Julius Franz Herzog zu Saxen Engern und Westfalen (1641–1689), gemäss Wappen auf Siegelwachs verso.
- Sammlung Konsul Karl Weniger (1841–1905) (gemäss Dorotheum-Katalog).
- dessen Auktion, Dorotheum, Wien, 7.5.1906, Los 66.
- Deutsche Privatsammlung.
- Frye & Sohn, Münster, 1992.
- Deutsche Privatsammlung.

Ausstellungen:
- Von Bruegel bis Rubens. Das goldene Jahrhundert der flämischen Malerei, Wallraf-Richartz-Museum, Köln, 4.9.–22.11. 1992 / Royal Museum of Fine Arts, Antwerpen, 12.12.1992–8.3.1993 / Kunsthistorisches Museum Wien, 2.4.–20.6.1993.
- Divine Interiors. Experience churches in the age of Rubens, Museum Mayer van den Bergh, Antwerpen, 17.6.2016–16.10.2016.

Literatur:
- Jan Briels: Vlaamse schilders en de dageraad van Hollands Gouden Eeuw 1585–1630 met biografieën als bijlage, Royal Museum of Fine Arts, Antwerpen 1997, S. 124, Abb. 186.
- Ausst. Kat. Von Bruegel bis Rubens. Das goldene Jahrhundert der flämischen Malerei, hrsg. von Ekkehard Mai und Hans Vlieghe, Wallraf-Richartz-Museum, Köln, 4.9.–22.11.1992, Köln 1992, S. 388–390, Nr. 58.2, mit Farbabbildung.
- Ausst. Kat. Van Brueghel tot Rubens. De Antwerpse schilderschool 1550–1650, hrsg. von Erik Vandamme, Royal Museum of Fine Arts, Antwerpen, 12.12.1992–8.3.1993, Gent 1992, S. 300–301, Nr. 144.
- Heiner Borggrefe / Vera Lupkes / Paul Huvenne / Ben van Beneden (Hg.): Hans Vredeman de Vries und die Renaissance im Norden, Ausst. Kat. Weserrenaissance-Museum Schloss Brake/ Lemgo, 26.5.–25.8.2002 / Royal Museum of Fine Arts, Antwerpen, 15.9.–8.12.2002, Antwerpen 2002, Kat. Nr. 164.
- Thomas Fusenig: Netherlandish Church Pictures around 1600 – Their Meaning and Use. Netherlandish Artists in Gdansk in the Time of Hans Vredeman de Vries, Konferenz im Muzeum Historyczne Miasta Gdanska, 20.–21.11.2003, Gdansk 2006, S. 93–101, S. 94, Abb. 2.
- Bernard M. Maillet / Pierre Loze (u.a.): Intérieurs d'Églises 1580–1720. La peinture architecturale des Écoles du Nord, Brüssel 2012, Nr. M-1674.
- Claire Baisier (Hg.): Divine Interiors. Experience churches in the age of Rubens, Ausst. Kat. Museum Mayer van den Bergh, Antwerpen, 17.6.2016–16.10.2016, Antwerpen 2016, Kat. Nr. 5, S. 64–65.

Dieser stimmungsvolle, in Grautönen gehaltene gotische Kirchenraum besticht durch die Synthese aus architektonischer Virtuosität, Simplizität der Szenerie und farblicher Reduktion. Trotz der kabinetthaften Grösse der Holztafel, erschliesst sich dem Betrachter die Monumentalität der räumlichen Gesamtheit eines gotischen Kirchenraums und zeugt derart von ausgesprochener Modernität.

Es handelt sich hierbei um das früheste bislang bekannte gotische Kircheninterieur des niederländischen Renaissancemalers Hans Vredeman de Vries aus dem Jahre 1594 und entstand demnach in Danzig, wo sich der Künstler seit 1592 aufhielt. Vredemann de Vries war, bevor er sich auf die Malerei spezialisierte, zunächst als Architekt und in Danzig als Experte für Festungsbau tätig, bis er 1596 mit seinem Sohn Paul an den Hof Kaiser Rudolphs II. nach Prag weiterreiste. In Danzig fertigten Hans und Paul Vredemann de Vries einige bedeutende Werke an, darunter die sieben Gemälde für die Ausstattung der Danziger Sommerratsstube (zwischen 1594–95), über die Karel van Mander berichtete, dass Vredeman "acht stucken Perspecten, met Historien van de Regeringhe" malte (siehe Borggrefe, Heiner u.a., ebd., 2002, Kat. 168, S. 323–331). Vor diesem hier angebotenen seltenen Kircheninterieur sind vorwiegend tempelartige Architekturdarstellungen von Vredeman de Vries überliefert (siehe Heiner Borggrefe u.a. 2002). Thomas Fusenig hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass es Hans und Paul Vredeman de Vries waren, die das Thema des gotischen Kircheninnenraumes aus Antwerpen nach Danzig brachten (Fusenig, ebd., 2006, S. 95).

Im Wiener Auktionskatalog von 1906 wird im Zusammenhang mit unserem Kircheninnenraum eine kleine Innenansicht einer Renaissancekirche mit identischen Massen aufgeführt, das sich heute wohl in einer Privatsammlung befindet (siehe Fusenig in: Biasier 2016, Kat. Nr. 5, S. 64, Fussnote 1). Vermutlich waren die beiden Werke einst als Gegenstücke konzipiert.

Es ist anzunehmen, dass die fehlende Staffage auf dem vorliegenden Gemälde sowie auf dem Pendant mit der Innenansicht eines Renaissancepalastes entweder von einem auf Figurenmalerei spezialisierten Künstler ergänzt werden sollte, oder diese als Modello im Atelier des Künstlers als Vorlage für grössere Kompositionen dienten.

Hervorzuheben ist der Seltenheitswert dieses hier angebotenen gotischen Kirchenraumes von musealer Qualität sowie die bemerkenswerte Provenienz. Im 17. Jahrhundert verweilte die Kirchenansicht in der Sammlung des Julius Franz Herzog zu Saxen Engern und Westfalen (1641–1689), dessen Wappen umrahmt von seinen Anfangsbuchstaben (Von Gottes Gnaden Julius Franz Herzog Zu Saxen Engern und Westfalen) verso auf rotem Siegelwachs angebracht ist.

CHF 60 000 / 80 000 | (€ 61 860 / 82 470)