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Lot 3217 - A187 Impressionismus & Moderne - Freitag, 07. Dezember 2018, 16.00 Uhr

OTTO DIX

(Untermhaus 1891–1969 Singen)
Wintertag in Randegg. 1933.
Mischtechnik auf Holz.
Unten rechts monogrammiert und datiert: 19 dix 33.
60 x 80 cm.

Provenienz: Privatbesitz Schaffhausen, durch Erbschaft an die heutigen Eigentümer.

Ausstellung: Schaffhausen 1935, Kunstverein Schaffhausen 1935, Nr. 4.

Literatur: Löffler, Fritz: Otto Dix 1891-1969, Oeuvre der Gemälde, Recklinghausen 1981, Nr. 1935/9 (mit Abb.; fälschlicherweise unter den Werken von 1935 eingereiht).

Als einer der ersten Künstler wird Otto Dix 1933 sofort nach dem Aufstieg der Nationalsozialisten fristlos aus seinem Lehramt entlassen. Als Grund wird bekanntgegeben: „dass sich unter seinen Bildern solche befinden, die das sittliche Gefühl des Deutschen Volkes aufs schwerste verletzen, und andere, die geeignet sind, den Wehrwillen des Deutschen Volkes zu beeinträchtigen.“ (zit aus: Otto Dix. Zeit, Leben, Werk", S. 143)

Im September desselben Jahres findet die Ausstellung „Spiegelbilder vom Verfall der Deutschen Kunst“ im Lichthof des Dresdner Rathauses statt, wo unter anderem zwei Gemälde von Otto Dix gezeigt werden, um ihn als entarteten Künstler zu diffamieren. Als die Verteidiger seiner Gemälde dieser Ausstellung festgenommen werden, wird dem Künstler klar, dass die Lage für ihn in Dresden nicht mehr sicher ist und beschliesst, zusammen mit seiner Familie die Stadt zu verlassen.
Er flieht nach Singen in das Schloss Randegg, welches seinem Schwager gehört. Es entpuppt sich als ideale Fluchtstätte für den Künstler, weit weg von den politischen Ereignissen und mitten im Nirgendwo, umgeben von der puren Landschaft.

Bereits in seinen berühmten Werken der Vorjahre, unter anderem in dem grossformatigen Triptychon „der Krieg“, bedient sich Dix der Landschaft als Hintergrund. Die vollständige Zuwendung zur Natur vollzieht sich aber erst 1933. Es sind die prekären Zeitumstände und die gleichzeitige Beschäftigung mit altmeisterlichen Vorbildern, die Dix 1933 schliesslich zur Landschaftsmalerei treiben. Zwischen 1933 und 1946 entstehen rund 160 Landschaftsbilder, die der Künstler in der selbsternannten „Inneren Emigration“ malt.

„Es war eine richtige Flucht, eine Flucht in die Landschaft. Und dann dieses sich-Ducken und ängstlich um sich sehen, vielleicht wäre es doch besser gewesen, ich wäre damals in die Emigration gegangen. Aber die Emigration war nicht meine Sache. (…) Dass sich dieses ganze Ducken natürlich auch innerlich bei mir ausgewirkt hat und auch auf den Stil meiner Malerei, ist klar. (…). Ich flüchtete hinaus in die Landschaft, malte und malte. Ich wollte nichts wissen vom ganzen Krieg. Ich wollte nur meine Ruhe haben, bis es mich dann mit einem Male packte und hineinriss in das politische Geschehen: erst die Gefangenschaft durch die Gestapo, dann Volkssturm und Gefangenschaft. Heute sehe ich, dass es gut war. Flucht ist immer falsch.“

Das zur Auktion angebotene Gemälde „Wintertag in Randegg“ von 1933 markiert den Anfang von Otto Dixs Landschaftsperiode und ist eine seiner ersten Winterlandschaften überhaupt.
Dabei verwendet der Künstler eine spezielle Technik der Lasurmalerei und referiert dabei auf seine längst vergangenen Vorbilder. Er ignoriert die zeitnahen Erkenntnisse der Impressionisten und Expressionisten und greift zurück auf die Alten Meister. Inspiriert wird er dabei von den Malern der Donauschule um Albrecht Altdorfer, den Romantikern wie Caspar David Friedrich sowie unverkennbar von der Landschaftsauffassung und der Technik Peter Bruegels d. Ä.. Die altmeisterliche Lasurtechnik mit der ihr eigenen Kühle und Härte begünstigt vor allem die Stimmung des Winters.
Ein wichtiges Stilmittel, vor allem in den ersten Jahren seiner Landschaftsdarstellungen, ist die Übersteigerung der höchsten Punkte, welches auch schön in dem vorliegenden Gemälde zu sehen ist. Der Baum spielt ebenfalls eine zentrale Rolle und wird oft von Dix kompositorisch in Szene gesetzt, indem er in den Vordergrund gestellt wird oder eine seitliche Kulisse bildet.
In einem Brief an seinen Malerfreund Ernst Bursche beschreibt Dix seine Vorgehensweise folgenderweise: „Ich mache hauptsächlich Landschaften, viele Studien von Bäumen und Häusern, damit ich unabhängig bin vom Motiv und frei, Landschaften zu erfinden. Es ist selten, dass man Motive findet, die man unverändert für ein Gemälde benutzen kann. Man muss viele Überlappungen und Kontraste schaffen, damit ein Gemälde lebendig wird. (…) Am Ende ist das Wesentliche der künstlerische Ausdruck, nicht die naturgetreue Darstellung.“ Auch bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich nicht um eine reale Landschaft, sondern um eine inszenierte Ansicht, die er auf der Grundlage von Skizzen in der freien Natur schafft.

Dix ist fasziniert von den jahreszeitlich und atmosphärisch bedingten Farbspielen. Durchgebildete Wolkenbänke oder dramatische Regengüsse sowie Sonnenunter- und Aufgänge sind zentrales Sujet seiner Werke. Dix soll einmal gesagt haben, dass alles was man malt Selbstdarstellungen seien, was also auch für seine Landschaften gelten mag. Otto Dix ist gezwungen, ab 1933 eine neue Form des malerischen Ausdrucks zu finden und schafft dies, indem er seinen inneren seelischen Zustand in stimmungsvolle und tiefgründige Landschaften verwandelt.

„Ich habe niemals Bekenntnisse schriftlich von mir gegeben, da ja, wie der Augenschein sie lehren wird, meine Bilder Bekenntnisse aufrichtigster Art sind, wie Sie sie selten in dieser Zeit finden werden. Ich bin auch durchaus nicht gewillt und auch nicht befähigt, über ästhetische und philosophische Dinge zu reden, und alles andere wäre eitles und dummes Geschwätz. Auch bin ich nicht gewillt, den staunenden Bürgern und Zeitgenossen die Tiefen oder Untiefen meiner Seele zu offenbaren. Wer Augen hat zum Sehen, der sehe!“. (zit. aus: "Otto Dix. Landschaften", S. 19)

CHF 70 000 / 100 000 | (€ 72 160 / 103 090)

Verkauft für CHF 174 500 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr