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Lot 3405 - A189 PostWar & Contemporary - Samstag, 29. Juni 2019, 14.00 Uhr

JEAN-PAUL RIOPELLE

(Montréal 1923 - 2002 Québec)
Ohne Titel. 1958.
Öl auf Vélin auf Leinwand.
79,5 x 59 cm.

Provenienz:
- Galerie Jacques Dubourg, Paris.
- Auktion Galerie Koller, Zürich, 24. Juni 2003, Los 179.
- Auktion Galerie Fischer, Luzern, 22. November 2012, Los 85.
- Zeitgenössische Kunst, Köln, 27. November 2014, Los 370.
- Bei obiger Auktion vom heutigen Besitzer erworben, seitdem Privatsammlung Schweiz.

Ausstellungen:
- Basel 1959, Kunsthalle Basel. Karel Appel, Georges Mathieu, Mattia Moreni und Jean-Paul Riopelle, 24. Januar bis 1. März 1959, Nr. 111.
- Neuchâtel 1959, Musée des beaux-arts de Neuchâtel. Karel Appel, Georges Mathieu, Mattia Moreni und Jean-Paul Riopelle, März bis April 1959.

Literatur: Riopelle, Yseult: Catalogue raisonné de Jean Paul Riopelle tome 2, 1954-1959, Hibou Éditeurs/Acatos, S. 388.


Der frankokanadische Maler und Bildhauer Jean-Paul Riopelle zählt heute zu den wichtigsten Vertretern des Abstrakten Expressionismus und des Action-Painting und ist einer der wenigen Künstler Kanadas, die einen internationalen Durchbruch geschafft haben.

In Montréal im Jahr 1923 geboren, beginnt Jean-Paul Riopelle zunächst ein Mathematikstudium, das er alsbald aufgibt, um sich seiner eigentlichen Leidenschaft, der Malerei, vollständig zu widmen. Er studiert zwischen 1942 und 1945 an der École des Beaux-Arts und an der École du Meuble in Montréal. Er lernt bei dem frankokanadischen Maler Paul-Émile Borduas, welcher der Gründer der Künstlergruppe „Automatistes“ ist. Der junge Riopelle wächst in diese Schule hinein, geleitet durch eine spontane Arbeitsweise, auf den Spuren der Surrealisten und der Expressionisten, in Gegenströmung zu den etablierten Strukturen der Gesellschaft, Traditionen und Religion. 1947 verlässt er Montréal, um nach Paris zu ziehen, Treffpunkt zahlloser Künstler. Dort pflegt er Umgang mit den wichtigsten Vertretern des Informel sowie des Tachismus und kommt mit der zeitgenössischen Stilrichtung des französischen Surrealismus in Kontakt.

Er macht sich auf die Suche nach seinem eigenen Stil und findet diesen im Action-Painting, geleitet durch seine kontrollierte, wenn auch immer noch temperamentvolle Malweise. Zunächst realisiert er die Technik des Action-Paintings in ihrer reinsten Form, indem er die Ölfarbe auf seine Bildträgern tropfen lässt. Ab 1950 ändert sich seine Malweise, und er beginnt, in der Art von Jackson Pollocks „All-Over-Painting“, mit einer voluminösen, gespachtelten und breit gefächerten Chromatik, die Farbe über die gesamte Bildfläche zu verteilen und längliche Bahnen zu bilden. Unser vorliegendes Werk von 1958 ist ein gutes Beispiel für diese wichtige Schaffenszeit des Künstlers. Im Anschluss an diese noch etwas freie Malweise, beginnt er seinen Werken eine gitterartige Struktur zu geben. Seine Spachtelzüge werden schmaler und es bilden sich mosaikartige Ordnungen.

Unser Gemälde von 1958 ist mit einer Dynamik antagonistischer Energien und Farbräume geladen. Es spricht wunderbar für Riopelles informelle Expressivität. Das Malen an sich ist sein Bildthema, der angewandte Farbverlauf und Farbfiguren scheinen der Inhalt dieses Werkes zu sein. Die starken Farben teilen sich resolut und etwas dramatisch den gegebenen Raum der Leinwand. Wie es für Jean-Paul Riopelles Oeuvre charakteristisch ist, hat unser Werk auch weder eine wirkliche Bildkomposition, noch einen Bildmittelpunkt, keinen Anfang und kein Ende. Es wirkt als ob die Farbstruktur über den Bildrand hinausdrängt.

Seine Werke erinnern vielleicht an Landschaften, deren strukturierte Dynamik an Felder oder Wälder denken lassen. Riopelle ist es sehr wichtig gewesen, in seinem Oeuvre nicht ein Naturerlebnis zu abstrahieren, sondern vielmehr über sein künstlerisches Schaffen wieder zur Natur zurück zu finden.

George Duthuit schreibt zu Riopelles Werk: „Characteristic for Riopelle is his feeling for the seasons. After the suavely festive outpouring of Spring, the clamour of corn reddening to the scorch of Summer, of charred meadows and night-dark azure, the yawing hush of gorge and cavern in the sere and yellow Autumn, after these why not now, when winter’s joys are over, the throwing jewels of floe and berg and icicle and dawn like thousand caskets split?“ (zit: Ausstellungskatalog „Jean-Paul Riopelle: Grangs Formats 1952/75“. Pierre Matisse Gallery, New York, April 1977)

Jean-Paul Riopelle hat 1962 auf der Biennale von Venedig den UNESCO-Preis für sein Werk erhalten, im Jahr 1958 eine Auszeichnung der Guggenheim International. Er hat sich zwei Mal an der documenta in Kassel als Gast beteiligt. Seine Werke sind heute in namhaften Kunstinstitutionen anzutreffen.

CHF 50 000 / 70 000 | (€ 51 550 / 72 160)