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Lot 3049* - A188 Gemälde Alter Meister - Freitag, 29. März 2019, 14.00 Uhr

JAN VAN NOORDT

(1623 Amsterdam 1681)
Die Begegnung von Preziosa und Don Juan – eine amouröse Szene.
Öl auf Leinwand.
131,5 × 172,5 cm.

Provenienz:
- Sammlung T. Ockley.
- Auktion C. Fairfax Murray and others, Christie's, London, 20.1.1920, Los 353 (als Gerbrand van den Eeckhout, Vertumnus and Pomona).
- Kunsthandlung A. Tooth & Sons, London.
- Auktion Christie's, London, 15.2.1929, Los 81 (als J. van Noordt, Cavalier and a Young Lady, with sporting figures and gypsies).
- Privatsammlung J. Leger & Son, London, 1930/31.
- Auktion Sotheby's, London, 15.12.1976, Los 17.
- Auktion Boetto, Genua, 23. – 24.2.1998 (als Französische Schule, 17. Jahrhundert, Scène allégorique).
- Kunsthandel Adam Williams Fine Art, New York, 1999.
- Europäische Privatsammlung.

Literatur:
- Staring, Adolph: Weinig bekende portettisten. III. Joannes van Noordt, Oud Holland, Vol. 61, 1946, S. 74.
- Bénézit, Emmanuel: Dictionnaire critique et documentaire des Peintres, Sculpteurs, Dessinateurs et Graveurs de tous les temps et de tous les pays par un groupe d'ècrivains spécialistes français et étrangers, Paris 1956, Bd. 6, S. 381.
- Gudlaugsson, Sturla Jonasson: The Comedians in the Work of Jan Steen and his contemporaries, Soest 1975, S. 29-33, Abb. 25.
- Schatborn, Peter: Tekeningen van Jan van Noordt, Bulletin van het Rijksmuseum, Jg. 27, Nr. 3, 1979, S. 119 – 120, Abb. 3.
- Gaskell, Ivan: Transformations of Cervantes “La Gitanilla”, in: Dutch Art, Journal of the Warburg and Courtauld Institutes, 45, 1982, S. 263, 267, Abb. 46 A.
- Sumowski, Werner: Gemälde der Rembrandt – Schüler, 1983 – 1996, Bd. VI, S. 3534 – 3535, Anm. 88.
- Ausst. Kat. Het Gedroomde Land. Pastorale schilderkunst in de Gouden Eeuw, hrsg. von Peter van den Brink (u.a.), Utrecht 1993, S. 22, 235 – 238.
- Sumowski, Werner: Remarks on Jacob Adriaensz. Backer and Jan van Noordt, in: Master Drawings 36, 1998, S. 79, Anm. 15.
- Witt, David de: Jan van Noordt. Painter of History and Portraits, London u.a. 2007, Kat. Nr. 31, S. 146 – 149, Abb. 147.

Dieses imposante und gut erhaltene Gemälde, welches kürzlich in einer europäischen Sammlung wiederentdeckt wurde, legt Zeugnis ab von Jan van Noordts extraordinärem und ausdrucksstarkem Oeuvre.

Kompositorisch spannungsvoll und mit einem aussergewöhnlichen Kolorit, thematisiert er die erste Begegnung zwischen Preziosa und Don Juan. Rechts positioniert er Don Juan, der sich gegen einen grossen Felsen lehnt. Er dreht sich nach links und schaut zu Preziosa, die, in einem prachtvollen Satinkleid, auf einem Steinvorsprung links des Zentrums sitzt und seinen Blick erwidert. Hinter ihr befindet sich eine alte Hexe, die in einen braunen Umhang mit Kapuze gehüllt ist. Im Hintergrund sind weitere Figuren zu sehen, darunter ein junger Mann, der einen Falken hält.

Dr. David de Witt, der Jan van Noordts Oeuvre 2007 erstmalig umfassend zusammengetragen und analysiert hat, verweist auf die Historie dieses Gemäldes, der zufolge es zu Beginn des 20. Jahrhunderts zunächst noch als „Cavalier et une Jeune Femme“ betitelt oder mit der klassischen Geschichte von „Vertumnus und Pomona“ identifiziert wurde. Ihm zufolge steht Noordts Darstellung, dem von Mattheus Gansneb Tengnagel verfassten Theaterstück „De Spaensche Heidin“ von 1643 nahe (Mattheus Gansneb Tengnagel. Het leven van Konstance: Waer af volgt het Toneelspel, De Spaensche Heidin, Amsterdam 1643). Dabei handelt es sich um eine niederländische Adaption von Miguel de Cervantes' (1547 – 1616) Stück „La Gitanilla“, das erstmals 1610 veröffentlicht wurde. Dort finden sich in Don Juans Monolog, der die erste Begegnung mit Preziosa reflektiert, vor allem die Rosen in ihren Haaren und Händen, sowie ihr aufwendiges Kleid explizit erwähnt. Somit schildert unser Gemälde den bei Tengnagel thematisierten Moment, in dem der jüngst vom Verlust seiner Mutter getroffene Don Juan auf seiner Jagd, die prachtvoll gekleidete Preziosa für die hilflose Göttin Diana hält, die von einer Gruppe von Teufeln tief im Wald gefangen genommen wird, und in dem er sich, nicht zuletzt aufgrund ihrer vermeintlichen Hilflosigkeit, in sie verliebt (Tengnagel 1643, S. 74 – 75).

Dabei entwickelte Noordt für die Figur des Don Juan eine Geste, die seinen emotionalen Zustand ausdrückt, gekennzeichnet von Betroffenheit und Faszination zugleich. Studienvorzeichnungen des Künstlers, die sich im British Museum in London befinden (drei Kreiden auf grauem Papier, ca. 1660, Inv. Nr. 1852.5.19.6, Sumowski 1983 – 1996, Bd. VI, S.3535 und Schatborn 1979, S. 121, Abb. 4, De Witt 2007, S. 300) zeugen von der aufwendigen und sorgfältigen Erfindung des Noordtschen Don Juans. Dieser erhält hier nun, entgegen seiner charakteristischen Konnotationen als massloser Grenzübergänger und Frauenheld, weiche und verletzliche Züge.

Jan van Noordt, der Lehrer des Johannes Voorhout (1647 – 1723) gewesen war und seinerseits bei Jacob Adraensz. Backer (1609 – 1651) lernte (De Witt 2007, S. 3, 16ff.), malte dieses Bild um 1660. Seine Komposition ist einzigartig und bezieht sich nicht auf frühere Darstellungen anderer Künstler. Vielmehr gleicht die Komposition seinem Triumph des David (135 x 176 cm, schwer leserlich signiert und datiert: JvanNoo...(ligiert) 166(x), Privatsammlung, De Witt 2007; S. 96, Kat. Nr. 4), der wohl einige Jahre zuvor entstanden ist. Auch hier arrangiert Noordt die Bildprotagonisten in einiger Entfernung voneinander im Vordergrund und erzeugt derart eine spannungsreiche Atmosphäre.

Das hier angebotene Gemälde nimmt einen besonderen Stellenwert im Schaffen des Jan van Noordt ein. Es ist das einzig bekannte in seinem Oeuvre, das als Prototyp für eine weitere eigenhändige Version desselben Motivs diente, sowie in zwei weiteren Kopien existiert. Es belegt die Faszination des Künstlers für die Thematik und die Nachfrage bei seinen Auftraggebern.

Ebenfalls bemerkenswert ist der imposante und aufwendig geschnitze Rahmen mit Jagdmotiven, bei dem es sich wohl um den Originalrahmen handelt. Er greift zum einen die Rahmenbedingungen auf, die Don Juan zu Preziosa führen, nämlich seine Tätigkeit als Jäger im Wald, und spiegelt zum anderen – im übertragenen Sinne – dessen Charakterisierung als Frauenheld wieder.

CHF 60 000 / 90 000 | (€ 61 860 / 92 780)