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Lot 5745 - ibid121 Photographie – online only - Mittwoch, 07. Juli 2021, 13.00 Uhr

ANDY WARHOL

(Pittsburgh 1928–1987 New York)
"Photographs", 1976-1979. Portfolio mit 12 Original-Photographien.
Silbergelatine-Abzüge auf Agfa-Papier. Etwas spätere Abzüge, abgezogen unter der Aufsicht von Chris Makos. Verso jeweils vom Künstler voll signiert und von anderer Hand nummeriert 208/250. Zürich, Bruno Bischofberger und New York, Andy Warhol Photographs, 1980. Abzüge jeweils 50 × 40,5 cm, Bildmasse ca. 42 × 29,5 cm (Hoch- und Querformate); Passepartouts 66 × 51 cm; Kassette 69,5 × 53 cm. [2] Bll. Titel und Tafelverzeichnis; Abzüge eingelegt unter Passepartouts, zusammen lose in Original-Halbleder-Kassette mit blindgeprägtem Rückentite. - Eines von 250 handschriftlich nummerierten Exemplaren.

Literatur:
- Karl Steinorth und Thomas Buchsteiner (Hrsg.). Andy Warhol. Social Disease photographs '76-'79. Ostfildern, 1992 (Abb. Cover und S. 39-51, 94).
- Christoph Heinrich und Karin Schick (Hrsg.). Andy Warhol. Photography. Ausstellungskatalog, Hamburger Kunsthalle, 13.5.–22.8.1999 und The Andy Warhol Museum, Pittsburgh, 6.11.2000–14.2.2001. Zürich, 1999 (Abb. 249-254).

Provenienz:
- Galerie De Pury & Luxembourg Art, Genf, 2000.
- Seither Schweizer Privatbesitz.

ENTHALTEN SIND: 1. "Bianca Jagger at Halston's House, New York", 2. "His Holiness Pope John Paul II, St. Peter's Square, Rome", 3. "Henry Kissinger & Elizabeth Taylor Warner, Washington, D. C.", 4. "Truman Capote at Home, New York", 5. "Salvador Dali & Ultra Violet, New York", 6. "Diana Vreeland, 'Empress of Fashion', New York", 7. "Halston at Home, New York", 8. "Tennesse Williams & Producer Lester Persky, New York", 9. "Liza Minnelli at Halston's House, New York", 10. "Andy Warhol, Self Portrait, Montauk, Long Island", 11. "Peter Malatesta & Monique van Vooren, Washington D. C.", 12. "Bianca Jagger, Liza Minnelli, & Jacqueline Onassis in Liza's Dressing Room, New York".

Original-Karton-Schachtel vorhanden.

"Die Photographie und das Photographieren bilden das Zentrum des Werks von Andy Warhol" schrieb einst Uwe M. Schneede (vgl. Ausstellungskatalog, Zürich 1999, S. 6). Genau das manifestiert sich in dem hier vorliegenden Portfolio, in dem sich Warhol nicht nur selber portraitiert, sondern auch eine Reihe von Stars und Celebrities aus Kunst, Musik und Gesellschaft: Liza Minelli im Bademantel in ihrer Garderobe, Bianca Jagger bei der Körperpflege, Salvador Dali mit Ultra Violet, den Modedesigner Roy Halston, eine Frau imitierend, Tennesse Williams und Lester Persky sich umarmend, Peter Malatesta, Monique van Vooren in den Ausschnitt blickend, Henry Kissinger und Elisabeth Taylor sich auf die Wange küssend, Truman Capote zuhause auf dem Sofa liegend und Papst Johannes Paul II., Gläubige grüssend. In den siebziger und achtziger Jahre besuchte Andy Warhol fast jeden Abend Dinner Parties, Ausstellungseröffnungen, Wohltätigkeitsveranstaltungen, Modeschauen oder ging in Clubs und Discotheken. Seine Kleinbildkamera hatte er stets dabei. Er photographierte Filmstars, Modedesigner, Musiker, Models, Künstler, Politiker u. v. a. Fast schon mit einer voyeuristischen Obsession entstanden nach Aussagen seines engen Mitarbeiters Bob Colacello zwischen 1976 und 1987 angeblich über 150'000 Aufnahmen (vgl. Bob Colacello: "Der Paparazzo, Oder wie Andy Warhol ein richtiger Fotograf wurde", in: Ausstellungskatalog Ostfildern 1992, S. 19). Diese Gesellschaftsphotographien können dennoch als eigenständige Arbeiten gelesen werden, in ihnen visualisiert sich der Entstehungsprozess, ihr Schnappschusscharakter zeigt, wie schnell und spontan Warhol die Aufnahmen angefertigt hatte, als seien sie beiläufig entstanden. Absichtlich wurden auch der schwarze, unsauber beschnittene Rand und die Perforation des Filmstreifens reproduziert. Ebenso wurde darauf verzichtet, die Bilder zu verschönern oder zu retuschieren, einige Aufnahmen sind partiell überbelichtet oder unscharf, die Ausschnitte zum Teil schief, Gesichter angeschnitten oder durch Reflexionen des Blitzlichtes gekennzeichnet. Die Bilder wirken amateurhaft und unprofessionell, nach den klassischen Bewertungskritierien der Photographie wären sie als minderwertig einzustufen. Doch zelebrierte Warhol dieses ‚Misshandwerk‘ absichtlich. Er wendet sich damit bewusst ab von einer spezifischen künstlerischen Vision und lässt die Aufnahmen als schlichte Alltagsbilder erscheinen und nimmt den Stars damit auch die Scham in einer ungewohnten Umgebung abgelichtet zu werden. Auch gibt er uns keinen Einblick in die Zusammenhänge oder in die Geschehnisse, in denen die Bilder entstanden sind – einzig die Bildlegende gibt Aufschluss, wo die Photographien gemacht wurden. Auf vielen Aufnahmen wurden die Portraitierten unbemerkt photographiert, um sie zu überraschen. Warhol rekurriert hier auf die in den sechziger Jahren aufkommende Paparazzi-Photographie, die durch diesen Überraschungseffekt die nicht inszenierte Gesten, und damit die Kehrseite des Glamourösen zu erfassen sucht. In den Photographien widerspiegelt sich das adorierende Verhältnis Warhols zu den berühmten Portraitierten, bei denen er sich zugleich selbst mit einreiht. Der Bekanntheitsgrad der Personen weckt die Aufmerksamkeit des Betrachters, wie auf dem Titelblatt eines Boulevard-Magazins. Darin liegt aber auch das Problem dieser Aufnahmen: wenn statt der Promis lediglich unbekannte Personen darauf abgebildet wären, würde man die Aufnahmen wohl als belanglos und uninteressant einstufen. Warhol hat zwar am gesellschaftlichen Ereignis teilgenommen, ist aber zugleich Zuschauer. Die Kamera dient ihm als voyeuristisches Mittel wie auch dem Selbstschutz. Er wünschte sich stets selbst den Status einer Kultfigur und den Starruhm. Die Gesellschaftsphotographien belegen, dass er ein weitgehend akzeptiertes Mitglied der Szene war, denn nur als erfolgreicher und berühmter Künstler wurde ihm der Zutritt zu diesem elitären Kreis gewährt. Hierdurch lässt sich auch erklären, wie die Intimität einiger der vorliegenden Aufnahmen zustande kam. Anders als ein Paparazzo brauchte er sich nicht hinter einem Teleobjektiv zu verstecken, die Reichen und Schönen vertrauten ihm, waren seine Freunde. Die Aufnahmen sind somit ein Zeugnis seines gesellschaftlichen Ruhms und Erfolges.
(vgl. Hubertus Butin: "'Oh when will I be famous, when will it happen?' Andy Warhols Gesellschaftsphotographien", in Ausstellungskatalog, Zürich, 1999, S. 249-255).

"You judge a party by how many celebrities are there."
(Andy Warhol. Andy Warhol´s Exposures. New York, 1979, S. 19)

Abzüge teils in den Rändern schwach gewellt (aufgrund Entwicklung), stellenweise winzige Retuschen oder Kratzspuren. Kassette minimal gebrauchsspurig. Insgesamt aber in sehr guter Erhaltung.

CHF 15 000 / 25 000 | (€ 15 460 / 25 770)

Verkauft für CHF 18 750 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr