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Lot 1178* - A196 Decorative Arts - Donnerstag, 25. März 2021, 13.30 Uhr

PAAR GIRANDOLEN "AUX SATYRES"

Louis XVI, Paris um 1770/80. Die Bronze von Pierre Gouthière (1732 Paris 1813).
Bronze braun patiniert bzw. vergoldet. Schaft in Form von sitzenden Satyrkindern mit Tambourin, Krug und Panflöte. Sie halten zwei zweigförmige Lichtarme in den Händen sowie einen entsprechenden Lichtarm auf dem Kopf. Blütenförmige Tüllen. Auf grauen und weissen Marmorsockeln, die Front sowie Rückseite mit eingelassenem Kopf der Medusa Rondanini Frauenkopf bzw. mit seitlichen Löwenköpfen in vergoldeter Bronze. Blattfries.
39 × 27 × 69 cm.

Bohrungen für alte Elektrifizierung. Fehlstellen und Reparatur am Marmor.

Diese meisterhaften Girandolen bestechen durch die fein ziselierten Satyrjünglinge aus braun patinierter Bronze, die auf einem mit Fransentuch bedeckten Baumstumpf sitzen. Seitlich der Figuren gesellen sich traditionelle bacchische Attribute aus vergoldeter Bronze, wie Panflöten, Zimbeln, Tamburine und Thyrsen. Jeder Satyrkopf wird von einer Krone aus lanzettlichen Wasserblättern gekrönt, die mit Akanthusblättern und Samen versehen ist, aus denen sich ein üppiges gewundenes Rankenwerk erhebt. Die beiden Satyrn halten ein weiteres Bouquet von Akanthusblättern in den Händen, aus dem zu beiden Seiten zwei weitere Blumenstängel herausragen.

Obwohl Pierre Gouthière (1732 – 1813) unter den Königen Louis XV und Louis XVI offiziell zum "Ciseleur-Doreur du roi" ernannt wurde, arbeitete der Dekorateur hauptsächlich für eine hochangesehene und wohlhabende Klientel von Sammlern und Mäzenen wie den Herzog von Aumont, Madame du Barry oder die Herzogin von Mazarin. Ihm wird vor allem die Erfindung der Mattvergoldung zugeschrieben, die eines der charakteristischen Merkmale seiner Kreationen ist.

Dank der Protektion des Duc d'Aumont erhielt Gouhtière die Möglichkeit, für die "Menus Plaisirs du Roi", einem Verwaltungszweig zur Beschaffung und Produktion luxuriösen Kleinoden am französischen Königshof, zu arbeiten. 1770 belieferte Gouthière in Zusammenarbeit mit Goldschmiedekollegen die Dauphine mit einer Schmuckschatulle. Schon bei diesem ersten Auftrag kristallisiert sich Gouthières eigene Handschrift heraus.
Trotz seines herausragenden Talents und der atemberaubenden Qualität seiner Werke erlebte Gouthière schwierige Zeiten: 1784 wurde er aus seinen Werkstätten vertrieben, 1787 musste er seinen Besitz aufgeben. Seine Tätigkeit während der Revolutionszeit bleibt wenig bekannt. Er starb völlig verarmt im Jahr 1813.

Verschiedene kompositorische, stilistische und ikonographische Elemente finden sich in anderen Arbeiten Gouthières wieder. Besonders hervorzuheben sind die Lichtarme der Girandolen, die jenen Wandappliken aus dem Louvre verblüffend ähnlichsehen (Inv.-Nr. OA11995-11996). Das Exemplar aus dem Louvre, welches für die Herzogin von Mazarin hergestellt wurde, weist Mohnblütenranken auf, wohingegen unseres aus Nelken, Lilien und Mohnblüten besteht.
Das Element des im Sockel eingelassenen Frauenkopf nach Art der Medusa Rondanini findet sich auf einem Marmortisch in der Frick Collection New York, das Gouthière zugewiesen wird (Inv.-Nr. 15.5.59) (Vgl. dazu auch: Hans Ottomeyer und Peter Pröschel. Vergoldete Bronzen. Bd. 1. München 1986. S. 206).
Die Satyrjünglinge erinnern hüftabwärts an die weiblichen Faunenkaryatiden, die die Kaminsimse für den großen Salon des Privatanwesens von Louise-Jeanne de Durfort, Herzogin von Mazarin (1735-1781), am Quai Malaquais in Paris schmücken. Diese wurden um 1780-1785 von Pierre Gouthière und Jean-Joseph Foucou nach einer Zeichnung des Architekten François-Joseph Belanger ausgeführt.

Lit.: Charlotte Vignon et al., Pierre Gouthière: ciseleur-doreur du roi. Paris, 2016.

CHF 50 000 / 70 000 | (€ 51 550 / 72 160)