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Lot 1233 - A200 Decorative Arts - Donnerstag, 31. März 2022, 10.00 Uhr

GROSSE MUSEALE SOGENANNTE EFFINGER-PENDULE MIT ORGELWERK UND DATUM

Louis XVI, Neuenburg, La Chaux-de Fonds. Signiert von Pierre Jaquet-Droz (1721–1790). Das Werk datiert 1783. Auf Emailplakette bezeichnet: "Optimo suo sculteto F.V. Effingero a Wildegg patricio et senatori Reip: Bern: In signum grati animi civitas Burensis M.DCC.XXX IV"
Holz bemalt in Vernis Martin mit altrosafarbenen Blumen auf hellblauem Grund. Reiche vergoldete Bronzebeschläge in Form von Girlanden, Balustraden, Vasen, Blattvoluten sowie Lorbeerzweig mit Masche. Hochrechteckiges, architektonisches Gehäuse mit Dachzelt-Aufsatz "à la turque" auf Volutenfüssen. Messingfronton mit weissem Emailzifferblatt "en cuvette", römische Stunden- und arabische Minutenziffern, sowie einem Ring in arabischen Ziffern für die Tage des Monats. Auf Emailkartusche das Schloss mit dem Städtchen Büren an der Aare dargestellt. Zentral die Heilige Katharina, Kirchen- und Stadtpatronin von Büren, darüber Inschriftkartusche mit bekröntem Allianzwappen Effinger (von Wildegg) und von Wattenwyl. Das Ganze umgeben von drapiertem Tuch und Lorbeerzweig aus vergoldeter Bronze. Die Schmalseiten mit Türchen vergoldeter, gravierter und mit roter Seide hinterlegter Messing-Grillage. Werk mit Spindelgang und Dreiviertelstundenschlag auf Glocke. Orgelwerk mit 18 Metallpfeifen und acht Melodien auf Walze. Auf hohem architektonischem, maseriertem Sockel, beschnitzt mit Girlanden und Rosetten sowie vergoldet. Die Türe mit Monogramm VE. 2 Schlüssel.
Uhr: 46 × 32 × 89 cm. Sockel: 57 × 37 × 153 cm.

In hervorragendem restaurierten Zustand.

Provenienz:
- Schenkung an Franz Victor Effinger von Wattenwyl, 1784.
- durch Erbschaft im gleichen Familienbesitz, Bern.
- Auktion Stuker, Bern Herbst 2013, Lot 1156.
- Sammlung Wehrli, bei obiger Auktion erworben.

Ausstellung:
-Musée International d'horlogerie La Chaux-de-Fonds/Musée d'Horlogerie du Locle - Château des Monts, "La neuchâteloise", 2017 (mit Abb. im Ausstellungskatalog, S. 84)

Die hier angebotene Prunkpendule stammt von einem der renommiertesten Uhrmacher der Schweiz, Pierre Jaquet-Droz (1721–1790), der dieses Glanzstück der Schweizer Uhrmacherkunst im Jahre 1783, wohl unter Mitwirkung seines Sohnes Henri-Louis, im Auftrage der Stadt Büren an der Aare für den beliebten Schultheissen Franz Victor Effinger von Wattenwyl (1734–1815) anfertigte. Diese Pendule ist nicht nur historisch von grosser Bedeutung, sie zeugt auch vom fantasievollen, gestalterischen Geschick des Uhrmachers. Der Pavillonaufsatz in Form eines Zeltes ist vermutlich eine Anspielung an den islamischen Kiosk und illustriert den Gout der Zeit für das Exotische und Orientalische. Eine konstruktionsähnliche, Droz zugeschriebene Pendule mit gleichem Sujet wurde 2019 über Koller Auktionen versteigert (A190, Lot 1248). Das Zeltmotiv wird bei einer modellähnlichen "Tag und Nacht"-Uhr aus der Zeit um 1780 auf die Spitze getrieben, indem der Aufsatz aus vergoldeter Bronze vollplastisch als veritables Zelt dargestellt wird. Diese Tischuhr ist heute Teil der Firmensammlung von Jaquet Droz. Das Interesse für den Orient und Fernost ist auch dem Umstand verdankt, dass Jaquet-Droz ab dem letzten Viertel des 18. Jh. in China, Indien und Japan geschäftstüchtig unterwegs war. Durch den Export von rund 600 Automaten, Pendel- und Musikuhren nach China kann Droz’ Unternehmen das Interesse des kaiserlichen Hofs wecken und den Kaiser Qianlong höchstpersönlich für die mechanischen Uhren und Automaten aus Europa begeistern. Jaquet Droz war die erste ausländische Uhrenmarke, deren Preziosen in die Verbotene Stadt importiert wurden. Zahlreiche Werke von Jaquet-Droz sind noch heute Teil der Sammlung des kaiserlichen Palastmuseums.

Wie die Emailplakette unterhalb des Zifferblattes indiziert, war die Pendule ein Abschiedsgeschenk der Stadt Büren an der Aare an ihren Schultheissen Franz Victor Effinger von Wattenwyl (1734–1815), der von 1778–1784 Schultheiss der Stadt Büren an der Aare war. Franz Victor Effinger (von Wildegg), vermählt mit Henriette von Wattenwyl, gehörte ab 1775 dem Grossen Rat von Bern an. Eine Fotographie der hier angebotenen Pendule zeigt das Objekt um 1900 im Vestibül der Villa Rosenberg in Bern (Vgl. Auktionskatalog Galerie Stuker, Herbst 2013, S. 125).

Die optische Vorzüglichkeit, die historische Relevanz in Verbindung mit höchstem technischem Geschick qualifiziert unsere sog. Effinger-Pendule zu einer wahrhaften Preziose von musealer Qualität.

Literatur mit Erwähnungen der Pendule: Alfred Chapuis, Pendules Neuchâteloises – Documents nouveaux, Neuchâtel, 1931, S. 102/103, Abb. 101;
Ouvrage collectif, La Neuchâteloise, Editions Alphil, Neuchâtel, 2017, page 84; Charles Perregaux et F.-Louis Perrot, Les Jaquet-Droz et Leschot, Attinger Frères, Neuchâtel, 1916, pages 234 à 238; Charlotte König-von Dach, Eine bernische Campagne. Der Rosenberg, Bern 1984.

CHF 70 000 / 100 000 | (€ 72 160 / 103 090)

Verkauft für CHF 256 500 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr