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Lot 3803 - A146 Bücher - Samstag, 20. September 2008, 14.00 Uhr

BUCHMALER AUS DEM VENETO ODER DER EMILIA


Provenienz: - Privatsammlung Österreich - Privatsammlung Schweiz (seit 2004) Bibliographie: Friedrich Georg Zeileis, Più ridon le carte. Buchmalerei aus Mittelalter und Renaissance, Gallspach 2004, S. 80-83 Christus erscheint mit ernstem und bestimmtem Gesichtsausdruck auf einer Thronbank sitzend. Mit seinem erhobenen Zeigfinger und dem offenen Buch in seiner Linken verweist er bereits auf sein Richteramt am Jüngsten Tag. Vorliegendes Blatt mit seiner eindrücklichen Darstellung des thronenden Christus lässt sich künstlerisch nicht leicht einordnen, dies wohl nicht zuletzt, weil dem Malstil des unbekannten Buchmalers noch ein klares byzantinisches Substrat zugrunde liegt - dies aber, wie zu argumentieren sein wird, zu einem Zeitpunkt, als sich die Maler Italiens bereits angeschickt hatten, sich über eine wirklichkeitsnähere Kunstsprache zu artikulieren. Einer ihrer ersten Exponenten im Bereich der italienischen Buchmalerei war Neri da Rimini, der um 1300 in der Buchkunst erstmals in dieser Deutlichkeit auf Giottos Gemälde in Rimini, namentlich auf dessen Kruzifix der Cappella Malatestiana in S. Francesco reagiert hatte. Das Verständnis des Initialenaufbaus, namentlich die relativ einfache Form des S-Buchstabens, der an den beiden Extremitäten in ein fein geripptes Blattornament ausläuft, sowie das eigenwillige satte Kolorit aus Tiefblau, Rot, Grün, dunklem Ocker und einem ins Viola tendierenden Rosa, findet seine Entsprechung am ehesten im Frühwerk des Neri da Rimini, beispielsweise in dessen auf 1303 datierten Antiphonar aus dem Ospedale di San Lazzaro del Terzo in Rimini (heute, San Miniato [Pisa], Museo Civico ) aber auch in späteren Miniaturen, wie jenen für San Francesco in Rimini. Auch die extensive Ornamentierung der Gründe in und um die Initiale mittels weissem Filigran ist in ähnlicher Form auch in der Buchkunst des Neri da Rimini greifbar; so zum Beispiel in der Chorbüchern für die Franziskanerkirche in Rimini. Der Figurenstil des Illustrators unterscheidet sich gegenüber dem des Neri da Rimini allerdings durch eine vereinfachte Interpretation des byzantinisierenden Formulariums. Dies verleiht dem dargestellten Christus so zusätzliche Strenge aber auch eine jenseitig abgehobenere Würde. Stilistisch reiht sich unser Buchmaler in jene Generation ein, welche in Bologna als Vertreter des sogenannten "zweiten Stils", eben jenes auf einem byzantinischen Substrat fussenden Stils, in Erscheinung traten. Ihr Protagonist war der Meister von Gerona. Womöglich führt uns die Miniatur, wie bereits postuliert, an die künstlerischen Grundlagen des jungen Neri da Rimini und öffnet uns so vielleicht ein neues noch weitestgehend dunkles Kapitel der riminesischen Buchmalerei vor Neri um 1290-1300, die, wie vorliegendes Beispiel zeigt, zu diesem Zeitpunkt massgeblich von der Buchkunst Bolognas und des Veneto geprägt war. Prof. Dr. Gaudenz Freuler

CHF 10 000 / 15 000 | (€ 10 310 / 15 460)

Verkauft für CHF 12 000 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr