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Lot 3023 - Z28 Swiss Art - Thursday, 24. June 2010, 02.00 PM

FERDINAND HODLER

(Bern 1853–1918 Geneva)
Weiden an der Jonction. Abendstimmung. 1878.
Öl auf Leinwand.
Unten links datiert und signiert: 1878. F. Hodler.
55,4 x 46 cm.

Provenienz: - Kunstschau A. Blumenreich, Berlin (7.10.1929). - H. Gysin-Mohler, Basel, 1930. - G. & L. Bollag, Zürich, 1930. - Otto Schmidlin, Zürich, 1930. - Schweizer Privatbesitz. Ausstellung: Galerie Moos, 1918, Nr. 9. Literatur: - Loosli, C. A.: Ferdinand Hodler, Leben, Werk und Nachlass, Bern, 1921 - 1924, Bd. 2, S. 111 (Weiden an der Jonction am Abend), Nr. 2251 des Generalkataloges. - Bender, E.: Die Kunst Ferdinand Hodlers, Gesamtdarstellung, Bd. 1, Das Frühwerk bis 1895, Zürich, 1923, S. 58, 101, Abb. 41 (Weiden an der Jonction, Abendstimmung, 1878). - Roffler, Th.: Schweizer Maler. Reden und Aufsätze, Winterthur, 1937, S. 72 - 73, Abb. 8, 78 (Weidenbäume, 1878). - Landschaftskatalog, in: Müller, W.Y.: Die Kunst Ferdinand Hodlers. Gesamtdarstellung, Bd. 2, Zürich 1941, Nr. 50. - Mühlestein, H. und Schmidt, G.: Ferdinand Hodler. Sein Leben und sein Werk, Erlenbach-Zürich, 1942, S. 462, Anm. 2. - Dietschi, P.: Der Parallelismus Ferdinand Hodlers. Ein Beitrag zur Stilpsychologie der neueren Kunst, Basel 1957, S. 50. - Brüschweiler, J. und Hugelshofer, W: Ausstellungskatalog Wien 1962/1963, S. 36. - Brüschweiler, J.: Notizen zu einigen Jugendwerken, Berlin/Paris/Zürich 1983, S. 180, Abb. 235. - Bätschmann, O. und Müller, P.: Hodler, Catalogue raisonné der Gemälde, Bd. 1, Die Landschaften, Teilband 1, Zürich, SIK, 2008, S. 119, WV. Nr. 66, mit Abb. Paul Müller schreibt im Werkverzeichnis (SIK 2008, op.cit.): "Der Katalog der 1918 von der Galerie Moos organisierten Hodler-Retrospektive verzeichnet mit Abbildung zwei motivisch eng verwandte Jonction-Landschaften: Unter Nr. 9 ein Hochformat mit dem Titel "Saules à la Jonction - Soir" sowie unter Nr. 19 ein Breitformat mit demselben Titel, jedoch mit der Präzisierung "Matin". (...) Die Titel stammen möglicherweise von der Galerie Moos, da sie vorher in keiner Publikation verzeichnet sind. (...) Der durch das Format bedingte engere Blickwinkel und die kürzere Distanz zur zentralen Weidengruppe verschaffen dieser im Vergleich zur (querformatigen Morgenstimmung) stärkeres Gewicht im Bildgefüge. Der durch die seitlichen Diagonalen von Weg, Baumreihen und Fluss angelegte Tiefensog wird durch die mittleren Weiden, die ihr Astwerk als ornamentales Muste in den Himmel zeichnen, gebremst. Nach Thomas Roffler zeigt diese Landschaft exemplarisch das in jener Zeit zunehmende Vorwalten des flächig-dekorativen Elementes über das räumlich-plastische." Die Entdeckung dieser frühen Landschaft von Ferdinand Hodler in einer Schweizer Privatsammlung kann als kleine Sensation gelten, ist doch als letzte gesicherte Provenienzangabe ein Privatsammler in Zürich um 1930 verzeichnet. Seither galt für dieses Werk: Standort unbekannt. Entsprechend ist es in dem breit angelegten Oeuvrekatalog von 2008 (Oskar Bätschmann und Paul Müller [Hrsg.:], Ferdinand Hodler: catalogue raisonné der Gemälde, Band 1, Die Landschaften, Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, Zürich: Scheidegger & Spiess, 2008) mit einer Schwarz-Weiss-Aufnahme belegt. Zudem ist dort die Überprüfung der farblichen Umsetzung der Abendstimmung als Forschungsdesiderat formuliert (op. cit., Nr. 66, S. 118-119). Dieses kann nun eingelöst werden. Hodler nutzt in unserem Werk für die Schilderung der beginnenden Dämmerung eine verhaltene Farbpalette von tonigen Erd- und Grüntönen. Zwischen die Zweige der Weiden setzt er "Wattebäusche" lachsfarbener Wolken; unter den Silhouetten der Bäume auf der rechten Seite schimmern in gedämpften Gelb und Orange die letzten Strahlen der untergehenden Sonne. Deren Widerschein zeichnet auch auf das Wasser des ganz rechts liegenden Flussufers zartgelbe Schleier. Besonders interessant ist dieser Befund im Vergleich mit einer zweiten Fassung dieses Motivs, der exakt massgleichen Weiden an der Jonction (Privatbesitz, op. cit., Katalog Nr. 67, S. 119, mit Farbabb., vgl. Abb. 3), um 1878, in der er die Komposition unseres Gemäldes im Querformat erprobte und unsere etwas abgedunkelte Fassung zur taghellen variiert. Laut Oeuvrekatalog (op. cit., S. 119) hat Hodler diese breitformatige Landschaft kurz nach deren Grundanlage noch einmal überarbeitet, insbesondere wohl den dort in der Bildmitte befindlichen hellen Himmelsstreifen hinzugefügt. Möglicherweise wollte er die Tagesstimmung gegenüber unserer Fassung noch einmal akzentuieren. "Genfer Barbizon" nannten Ferdinand Hodler und seine Malerfreunde die Gegend der Jonction, dem Zusammenfluss von Rhone und Arve bei Genf (heute ein Genfer Stadtteil). Damit spielten sie auf das Dorf im Wald von Fontainebleau an, wo eine als "Schule von Barbizon" berühmt gewordene Gruppe von Malern im unmittelbaren Erleben der und Malen nach der Natur ihr Ideal formulierte. So kann man es als künstlerische Hommage an die Begründer und Vertreter der Freilichtmalerei bezeichnen, dass sich Hodler und seine Kollegen Théodore Douzon (1829-1914) und Louis Dunki (1856-1915) im Jahr 1878 im Gebiet der Jonction der Landschaftsmalerei widmeten. Von Hodler sind fünf Landschaften bekannt, die in diesem Kontext entstanden. Neben unserer Landschaft und der bereits erwähnten Fassung im Querformat gehören zu dieser Motivgruppe auch die etwas grössere Landschaft an der Jonction (Von der Heydt-Museum, Wuppertal, op. cit., Katalog Nr. 64, S. 117-118, mit Farbabb. S. 118) und die in Privatbesitz befindlichen Schafe am Sentier des Saules (op. cit., Katalog Nr. 63, S. 116-117, mit Farbabb. S. 117), und Fischende Kinder am Ufer der Arve (op. cit., Katalog Nr. 65, S. 118, mit Farbabb.). Die drei Malerkollegen waren Mitschüler bei Bartélemy Menn (1815-1893), dem damaligen Leiter der Genfer Zeichenschule und engen Freund des der Schule von Barbizon nahe stehenden Camille Corot (1796-1875). Bei Menn hatte Hodler 1877 eine rund fünfjährige fundierte Ausbildung abgeschlossen und war zur gefestigten künstlerischen Persönlichkeit gereift. Von seinem Selbstbewusstsein zeugt, das er bereits 1874 an einem Landschaftswettbewerb teilnahm - mit Erfolg, wurde ihm doch der erste Preis zuerkannt. Matthias Fischer belegt in seiner aktuellen Studie Der junge Hodler , wie der ehrgeizige Künstler seit 1875 an zahlreichen Ausstellungen in Genf teilnahm und auf grosses Echo in der Öffentlichkeit stiess - wenn auch nicht auf ungeteiltes. Die konservative Genfer Fachpresse zeigte sich zwar von einzelnen Elementen der Hodlerschen Malerei durchaus beeindruckt, stand aber seiner grundsätzlichen künstlerischen Auffassung zwiespältig gegenüber. So bemängelte sie beispielsweise an der bereits erwähnten Jonction-Landschaft Schafe am Sentier des Saules, mit der Hodler 1878 an der in mehreren Städten gezeigten Schweizerischen Kunstausstellung teilnahm, die "Vernachlässigung" der dort gemalten Figuren und Tiere. Hodler kam den Ratschlägen, diesem Aspekt seiner Arbeit mehr Mühe zu widmen, allerdings nicht nach. Ganz im Gegenteil: In klarer Ablehnung der in der herkömmlichen Akademiemalerei üblichen, für die eigentliche Bildaussage aber nebensächlichen Menschen- und Tierfiguren verschwinden sie zunehmend aus seiner Malerei. Mitte der 1880er Jahre befindet er: "Wenn der Maler wünscht, dass das Bild berührend und fesselnd wirken soll, wird er keine Figuren verwenden. […] Eine Landschaft muss Charakter haben, eine Leidenschaft oder eine Gefühlsbewegung ausdrücken. Ihr Charakter gibt ihr ihre Individualität. Figuren oder Anekdotisches fügen nicht nur nichts hinzu, sondern schwächen die packende und direkte emotionale Wirkung." Auch in unserem Werk "Weiden an der Jonction, Abendstimmung" hat Hodler diese in die Moderne weisende Auffassung bereits umgesetzt. Er konzentriert sich ganz auf die Landschaft und platziert nur an der Uferlinie eine winzige, kaum mehr wahrnehmbare Figur. An der Darstellung interessiert ihn zunächst der durch die Bäume und die in die Ferne weisenden Pfade ausgelöste zentralperspektivische Tiefensog. Diesen Sog mildert Hodler aber durch mehrere Elemente ab. Neben der Staffagefigur, die er zur bis hin zur Bedeutungslosigkeit minimiert, fängt er ihn einerseits durch die steil in den Himmel ragenden Zweige der in der Bildmitte positionierten Weide auf, andererseits vermindert er ihn durch eine eher flächige Malweise, die keine exakte Farbperspektive zulässt. Diese Ansätze wird er unmittelbar danach auf seiner Spanienreise aufnehmen und weiterentwickeln: Es entstehen die ersten seiner berühmten Baumportraits. Die Werkgruppe der Jonction-Bilder, insbesondere die hier angebotenen Weiden an der Jonction. Abendstimmung können also als Beginn der modernen Malerei Ferdinand Hodlers bezeichnet werden, bei denen er seine Überlegungen zur neuen Landschaftsmalerei erprobte.


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