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Lot 3045 - Z29 Swiss Art - Friday, 03. December 2010, 02.00 PM

FERDINAND HODLER

(Bern 1853–1918 Geneva)
Giulia Leonardi.
Öl auf Leinwand.
Unten rechts signiert: F. Hodler.
34,7 x 40 cm.

Das Gemälde ist im Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft als eigenhändiges Werk von Ferdinand Hodler registriert. Provenienz: Privatsammlung Schweiz. Literatur: - Hermann Röthlisberger, <<Ein Hinweis zu Ferdinand Hodlers Studien>>, in: Schweizerisches Jahrbuch für Kunst und Handwerk, 1912, Biel: Stotz, 1913, S. 9-21. - Schweizer Malerei von Hodler bis heute aus Badener Privatbesitz. Baden, Kursaal, 1943. Veranstaltet von der Gesellschaft der Biedermeier Baden. [Baden, 1943], Kat. Nr. 34. Im Jahr 1910 kehrte Ferdinand Hodler in einem Genfer Kaffeehaus ein, und was er dort erlebte, muss einen tiefen Eindruck bei ihm hinterlassen haben. Denn dieser Besuch resultierte schliesslich in einer der faszinierendsten Serien des Malers, der damals bereits eine internationale Berühmtheit war und sich auf dem Zenit seiner künstlerischen Karriere befand. Es war die Vorführung von Giulia Leonardi, einer italienischen Sängerin und Gitarristin, die den Maler mit ihrer eher herben Schönheit und dem ihr zugeschriebenen südländischen Temperament so faszinierte, dass er sie als Modell gewann. Eine ganze Reihe von Skizzen, Portraits und Figurenbildern - z.B. ist "Das entzückte Weib" in mehreren Versionen von 1911 - zeugen von der Intensität, mit der sich Hodler in den Jahren 1910 und 1911 mit Leonardis Erscheinung beschäftigte. Mit diesen bemerkenswerten Werken zeigt er uns verschiedenste Aspekte ihrer Persönlichkeit und entfernt sich damit weit von den symbolistischen Gemälden wie "Der Tag" (siehe z.B. eine Fassung von 1899 im Kunstmuseum Bern), mit denen er um die Jahrhundertwende bekannt geworden war. Giulia Leonardis Portrait schuf Hodler in mehreren Versionen, eine charakteristische Vorgehensweise für den Maler, der seine bevorzugten Motive oft mehrfach, mit subtilen, allerdings auch entscheidenden Abweichungen erprobte. 1939 erwarb die Stadt Zürich einen "Italienischen Kopf (Giulia Leonardi)", der sie in gerader Haltung und in klassischer Dreiviertelansicht zeigt. Das Kölner Wallraf-Richartz-Museum besitzt eine fein lächelnde Leonardi von 1910, deren Augen aber Wachsamkeit signalisieren. Ihre eher scheue Ausstrahlung wird durch den kühlen blauen Hintergrund betont. In der von Koller Auktionen im Juni 2009 für CHF 420.000 verkauften Fassung blickt sie mit kokettem Blick auf den Betrachter, ein Eindruck, der durch die leicht zur linken Bildseite abfallende Schulterpartie und die gegenläufige Neigung des Kopfes zur Rechten verstärkt wird. Die verhaltene Farbpalette deutet die dunklen Seiten der Tänzerin und Sängerin an. Mit dem hier angebotenen Bild reizt Hodler die Gleichzeitigkeit von Schönheit und Gefahr weiter aus. Ein helles Licht lässt ihre linke Gesichtshälfte und ihre alabasterfarbene Schulter erstrahlen, taucht die rechte Hälfte aber in einen Schlagschatten aus Violett-, Blau- und Grüntönen, der sich vom Hals bis zu ihrer Schläfe zieht. Der volle kirschfarbene Mund, präzise schwarz umrandet, bildet einen betonten Gegensatz. Ihn hat Hodler fast in die Mitte gesetzt; leicht gespitzt zieht er die Blicke des Betrachters auf sich. Der Bilddiagonale folgend hat Leonardi den Kopf noch weiter zur Seite gelegt. Aus halb geschlossenen Augen sieht sie uns an, ihrer Reize bewusst. Und doch gibt uns Hodler kein Abbild klassischer Schönheit. Bewusst hat er ihre starke Nase noch betont. Die prächtigen Haare hat sie nicht in einer strengen Frisur gezähmt, sie umspielen in wilden Locken ihr Gesicht. Auf der linken Bildseite verschmelzen sie mit dem Hintergrund und geben so den Eindruck von Schwung und Energie, als habe der Maler die Tänzerin inmitten einer Aufführung festgehalten. Einzelne Haarsträhnen rechts scheinen ein Eigenleben zu führen und ragen züngelnd heraus. Sie haben Hodler vielleicht an den altgriechischen Mythos der Medusa mit ihrem Haupt voller Schlangen und glühenden Augen erinnert. Unsere Giulia Leonardi ist Verlockung und Wagnis, Verheissung, Herausforderung und Zurückhaltung zugleich. Dieses ausserordentlich facettenreiche Bildnis ist möglicherweise das ausgereifteste und sinnlichste der Hodlerschen Leonardi-Serie. Das Portrait ist nicht datiert; doch die grosse gestalterische Ungezwungenheit, mit der der Künstler das für diese Bildgattung eher ungewöhnliche Breitformat wählte und die rechte Schulter der Leonardi und oben ihre Haare beschnitt, sind Hinweise darauf, dass Hodler zum Entstehungszeitpunkt unseres Gemäldes bereits sehr vertraut mit seinem Motiv umging, frei in seiner Interpretation der temperamentvollen Italienerin.


CHF 300 000 / 400 000 | (€ 309 280 / 412 370)

Sold for CHF 710 000 (including buyer’s premium)
All information is subject to change.