(Aschaffenburg 1880–1938 Frauenkirch)

Grosser Mädchenakt in Badetub. 1909.

Lithographie. Eines von 7 bekannten Exemplaren. Verso mit der gestempelten Echtheitsbestätigung von Walter Kirchner, dem Bruder, signiert und datiert 30.09.1950. Blattmass 60 x 45 cm auf Vélin. Winzige fachmännische Restaurierung.

Wir danken Herrn Prof. Dr. Gercken für seine wissenschaftliche Unterstützung. Das Werk wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis der Druckgraphik Ernst Ludwig Kirchners von Herrn Prof. Dr. Gercken aufgenommen. Provenienz: Stuttgarter Kunstkabinett, 24. Auktion, 29. Mai 1956, Kat. Nr. 575. Werkverzeichnis: Dube, Nr. L 80. Literatur: Ketterer, Roman Norbert (hrsg.). Ernst Ludwig Kirchner, Zeichnungen und Pastelle, Stuttgart/ Zürich 1979. Um 1909/ 1910 entstehen in Kirchners Oeuvre sowohl Zeichnungen als auch Lithographien mit "Akt in Tub"- Darstellungen. "Es ist einer der wenigen Zeitpunkte des Tages, an dem sie sich zwanglos und notwendigerweise in ihrer natürlichen Nacktheit zeigt. Die Toilette machende Frau ist auf sich selbst konzentriert und in sich versunken, völlig distanzlos ihrem Körper zugetan. Es entfällt jegliche Befangenheit von innen heraus, und der sie betrachtende und darstellende Künstler ist ganz vergessen." (zit. Ketterer, Stuttgart/ Zürich 1979, Nr. 26). Diese Unbefangenheit ermöglicht es Kirchner die unterschiedlichsten Posen darzustellen. In unserem Blatt sitzt das Modell, das namentlich nicht eindeutig zugeordnet werden kann, zu dieser Zeit aber immer wieder in seinen Werken auftaucht, mit angewinkelten Beinen in der flachen Badewanne. Sie hält einen Schwamm in den Händen, scheint aber ganz in ihre Gedanken versunken zu sein. Der Betrachter wird durch keine Bewegung oder Darstellung der Umgebung vom Anblick der Badenden abgelenkt. Gezielt setzt Kirchner auch in dieser Lithographie typische Stilmittel des Motivs ein: die breiten, zeichnerischen Konturen; das Ausfüllen der Zwischenräume mit schwarz als Kontrast zu den dynamischen Konturen; die strenge Komposition der Szene, obwohl sie durch die intime Darstellung sehr frei und ungezwungen wirkt.