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Lot 3215 - A172 19th Century Paintings - Friday, 27. March 2015, 05.00 PM

CARL SPITZWEG

(1808 Munich 1885)
The watch. Circa 1860. Oil on board. Verso with monogram and confirmation of authenticity by the nephew Eugen Spitzweg dated 24.11.1898. 31 x 17 cm. Provenance:–Dresden 1860
Öl auf Karton.
Verso mit Monogramm und Echtheitsbestätigung vom Neffen Eugen Spitzweg vom 24.11.1898.
31 x 17 cm.

Provenienz: - Dresden 1860 (Gemäss Verkaufsverzeichnis Nr. 155). - Privatsammlung Schweiz 1861. - Kunstverein Hannover 1862 (mit falscher Jahreszahl 1962 bei Roennefahrt erwähnt). - Kunsthandlung Eduard Schulte, Berlin (verso Stempel). - Galerie Lippert, Magdeburg, um 1906. - Sammlung Rolf Schiess, Schweiz, vor 2007. - Durch Erbfolge Sammlung Harald Schiess, Schweiz. - Schweizer Privatsammlung. Ausstellungen: - Akademische Kunstausstellung, Dresden 1860. - Deutsche Jahrhundertausstellung, Nationalgalerie Berlin,1906, Nr. 1677. - Carl Spitzweg und die französischen Zeichner, Haus der Kunst München, 1985, Nr. 695 (verso Etikette). Literatur: - Vogel, J.: Carl Spitzweg. Acht Gemälde. Seemanns Künstlermappen 7, Leipzig o. J. - Roennefahrt, Günther: Carl Spitzweg. Beschreibendes Bezeichnis seiner Gemälde, Ölstudien und Aquarelle, München 1960, S. 212, Kat. Nr. 741 mit Abb. (hier fälschlich ein Monogramm unten links angegeben). - Wichmann, Siegfried: Carl Spitzweg. Stadtsoldat und Serenissmus. Würdige Gestalten in der Kleinstadt des 19. Jahrhunderts, München 1975, Nr. 12. - Wichmann, Siegfried: Carl Spitzweg und die französischen Zeichner, Ausst.-Kat., Haus der Kunst München, München 1985, S. 371, Nr. 695, S. 496, Nr. 695 (hier fälschlich ein Monogramm unten links angegeben). - Wichmann, Siegfried: Carl Spitzweg. Verzeichnis der Werke, Stuttgart 2002, S. 285, Kat. Nr. 561 (mit Abb.) (hier fälschlich ein Monogramm unten links angegeben.). Wenn der Rauch des Kampfes längst verzogen ist; wenn die Waffen verstummt und die glanzvollen Regimenter abgezogen sind - was bleibt im Leben eines Soldaten? Die Langeweile und Leere des Wachdienstes, die kleinen Nöte und Sorgen des Alltags, kurz: das ganz normale Menschsein. Carl Spitzweg war ein zutiefst menschlicher Maler, der seine Zeitgenossen mit leisem Spott und zugleich tiefem Mitgefühl darstellte. Wachsoldaten karikierte er besonders gerne. Sie begegnen uns mit pointierter Absenz jeglicher Heldenpose, schutz- und chancenlos gegen reale Gefahren, desillusioniert von langen Dienstjahren - dafür umso sympathischer in ihrer ergebenen Gelassenheit. Unser "Wachtposten", gemächlich auf sein Bajonett abgestützt, hat den Rücken gegen den Betrachter gekehrt, den er als eindringende Gefahr wohl nicht sonderlich ernst nimmt. Er schaut lieber der Gestalt nach, die sich in Richtung Stadtmitte bewegt. In Ehren ergraut und in der Körpermitte ziemlich füllig geworden ist er kein kampfbereiter Soldat; er sieht ein wenig lächerlich aus mit den kleinen Füssen, den weit abstehenden Ohren und dem zu engen Soldatenrock, der sich über dem Rücken spannt. Spitzweg steckte seine Soldaten meist in historisch anmutende, keineswegs aber authentische Uniformen. Unser "Wachtposten" hat von Spitzweg zudem einen grossen Tschako aufgesetzt bekommen, eine Kopfbedeckung, die in dieser Form zu Napoleons Zeiten - also über ein halbes Jahrhundert vor der Entstehung dieses Gemäldes - gebräuchlich war. Ursprünglich ein Helm der ungarischen Husaren, setzte sich der Tschako Ende des 18. Jahrhunderts bei vielen Armeen durch, änderte sein Erscheinungsbild vielfach und war nach den 1840er Jahren nur noch bei Sondertrupps wie den Jägern oder Telegrapheneinheiten zu finden, bis er im 20. Jahrhundert beispielsweise bei der deutschen Polizei eine Renaissance feierte. Beim Exemplar unseres "Wachtpostens" ist oben deutlich ein überstehender Rand zu sehen; hier war der Tschako meist mit einem dicken Lederdeckel versehen, der seinen Träger vor Säbelhieben schützen sollte. Carl Spitzweg, der das Studium der Pharmazie, Botanik und Chemie mit Auszeichnung abgeschlossen, den Apothekerberuf aber bald darauf wieder aufgegeben hatte, um sich ganz der Malerei zu widmen, konnte beim Mischen seiner Farben auf seine naturwissenschaftlichen Kenntnisse zurückgreifen. Das wird insbesondere bei dem ungewöhnlich leuchtenden Blau-Türkis sichtbar, das den Soldaten aus der tonigen Umgebung der Stadtansicht heraushebt und sich im Ausblick in den Himmel farblich wie in seiner Form wiederholt. Dieser Ausschnitt zieht unseren Blick in die Stadt hinein und zugleich nach oben. Er stemmt damit den massiven Torbogen über bzw. vor dem "Wachtposten" optisch in die Höhe. Auch die sorgsam gestalteten, hell beleuchteten Hauswände bilden ein Gegengewicht zu der schweren Architektur. An der unteren Bildhälfte hat Spitzweg den in die Stadt führenden Weg bewusst rau gestaltet; "die bewegten Pinseldrücker charakterisieren die Unebenheit und lassen die Bewegung des Lichtes deutlich erscheinen", wie Siegfried Wichmann in seinem Werkverzeichnis dazu schreibt. Sowohl Wichmann wie auch der etwas ältere Katalog von Günther Roennefahrt geben übrigens an, das Werk sei unten links mit dem Spitzweg-Signum "S im Rhombus" signiert. Dies ist jedoch nicht der Fall; es muss sich daher um einen Übertragungsfehler dieser Autoren handeln. Die von Wichmann besonders herausgehobene Gestaltung des Wegs und der wundervolle zarte Dunst, den Spitzweg in die Gassen des Städtchens gelegt hat und der die Kanten der Gebäude weich zeichnet, mögen einige heute berühmte Ausstellungsmacher dazu bewogen haben, unser Werk in einer epochalen Museumsausstellung zu zeigen. Kunsthistoriker Hugo von Tschudi, Spross einer alten Schweizer Adelsfamilie, hatte als Direktor der Berliner Nationalgalerie den französischen Impressionismus in die Reichshauptstadt geholt und damit die Empörung des Kaisers auf sich gezogen. Gemeinsam mit Alfred Lichtwark, dem Direktor der Hamburger Kunsthalle und Buchautor Julius Meier-Graefe setzte Hugo von Tschudi gegen viele Widerstände die umfassende Schau "Jahrhundertausstellung deutscher Kunst" durch. Sie zeigte im Jahr 1906 das Kunstschaffen in den deutschsprachigen Ländern der Jahre 1775-1875 aus dem Blickwinkel des Impressionismus und bereitete der Akzeptanz modernerer Malerei im deutschen Kaiserreich den Weg. Carl Spitzweg, an dem die Ausstellungsmacher den Einfluss der Schule von Barbizon ausmachten, war dort ein ganzes Kabinett gewidmet, in dem unter anderem unser "Wachtposten" zu sehen war.


CHF 30 000 / 50 000 | (€ 30 930 / 51 550)

Sold for CHF 63 600 (including buyer’s premium)
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