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Lot 279 - A192 Books - Monday, 15. June 2020, 02.00 PM

INKUNABELN -

Nider, Johannes.
Praeceptorium divinae legis. Mit zahlreichen gezeichneten roten Intialen.
Basel, Berthold Ruppel, um 1472 (nicht nach 1474). Gr.-4°. [329] Bll. (davon 3 hs. Bll. Tabulae). Got. Type. Rest. Pergament d. Z. über Holzdeckeln auf 4 Bünden mit 2 Schliessen (fragmentarisch erhalten, 1 Messing-Beschlag fehlt), hs. Titel auf unterem Schnitt (Rücken unter Verwendung des alten Bezuges fachmännisch restauriert, Gelenke verstärkt, gebräunt, kratzspurig, leicht berieben und betossen, kleine Fehlstellen im Bezug).

GW M26903 - Polain 7872 - Hain 11782 - Proctor 7848a - Goff N 196 - BMC III, 715. - Basel gehört zu den bedeutendsten Zentren des frühen Buchdrucks in Europa, was mehrere Gründe hat: Zunächst war das neue Handwerk in der Stadt des 15. Jahrhunderts eine freie Kunst. Für die Drucker bestand kein Zwang, sich einer bestimmten Zunft anzuschliessen, wie dies bei den meisten anderen Gewerben der Fall war. Vorschriften und Einschränkungen, welche die Zünfte ihren Berufsleuten auferlegten, betrafen die Drucker nicht. Damit bot Basel dem Buchdruck reizvolle Freiheiten, die gute Geschäfte versprachen. Begünstigend auf die positive Entwicklung wirkte auch die gut etablierte Papierherstellung in der Stadt. Sie wurde im Jahr 1433 durch den Ratsherrn Heinrich Halbisen (ca. 1390-1451) mit der Einrichtung der ersten Papiermühle vor dem Riehentor begründet. Ein wirklich entscheidender Vorteil war jedoch, dass Basel eine geographisch günstig gelegene Handelsstadt war, was den Vertrieb von Druckerzeugnissen wesentlich erleichterte. Daneben sorgte die 1460 gegründete Universität, an der bereits einige der frühen Basler Buchdrucker des 15. Jahrhunderts studiert hatten, für einen intellektuellen Nährboden aus Autoren und Lesern. Die Mischung aus wissenschaftlichen Spitzenleistungen und besonders sorgfältiger Handwerkskunst machen das besondere Profil Basler Inkunabeln aus. - Johannes Nider wurde in der oberschwäbischen Reichsstadt Isny als Sohn eines Flickschusters geboren. Über die ersten vier Jahrzehnte seines Lebens liegen nur wenige und kaum gesicherte Angaben vor: Kurz nach dem 8. April 1402 trat er in den durch Konrad von Preussen reformierten Dominikanerkonvent in Colmar ein. Dort durchlief er Ordensunterricht und Noviziat im Geiste der 'Strikten Observanz'. Wohl zwischen 1410 und 1413 begann Nider ein theologisches Studium an der Kölner Universität. Spätestens in dieser Zeit durfte er seine Priesterweihe erhalten haben. Seit dem zweiten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts wurde ein als Hexerei bezeichnetes Delikt im Dauphine, in der Westschweiz, in der Leventina und in Savoyen von weltlichen und kirchlichen Richtern verfolgt (neuere Überblicke bei Modestin/Utz Tremp 2002; Schatzmann 2003). Nider berichtete von der Verfolgungspraxis in seinem Predigerhandbuch 'Formicarius'. Hier und in seinem Dekalogkommentar 'Praeceptorium divinae legis' kommentierte er auch die dahinter stehenden dämonologischen Fragen. Beide Werke schrieb er gegen Ende seines Lebens, um 1437/38. Der 'Formicarius' und das 'Praeceptorium divinae legis' wurden in der dämonologischen Literatur des 15. bis 17. Jahrhunderts als Autoritäten umfassend rezipiert und die Exempla als Belegmaterialien für die Realität der Hexensekte angeführt, so im 'Malleus maleficarum' von 1486, in den 'Disquisitionum magicarum libri sex' des Martin Delrio von 1599/1600 und anderswo. Mehrere hexengläubige Wundergeschichten in den Mirakelbüchern von Eberhardsklausen stammen eindeutig von Nider (Rummel 1990, S. 101-108). - Innengelenke angeplatzt, vorderes Vorsatzblatt im Zuge der Einbandrestauration erneuert. Vorne und hinten im Bug feuchtrandig, ansonsten nur wenige leichte Feuchtflecken, in den Rändern schwach gebräunt und minimalst stockfleckig. Bis auf die ersten Blatt, sehr sauber. Vereinzelte Blatt mit leichten Randläsuren wie kleinen Fehlstellen und Randeinrissen (fachmännisch ergänzt oder restauriert). - Einige Marginalien von alter Hand sowie alte hs. Notizen auf VSpiegel. - Provenienz: Kloster Wiblingen mit hs. Besitzvermerk "Monasterii Wiblingensis" - ehemaliger Bibliotheksstempel der Königlichen Handbibliothek und der Königlichen Landesbibliothek Stuttgart (ausgeschiedenes Exemplar) - Schweizer Privatbesitz.


CHF 7 000 / 10 000 | (€ 7 220 / 10 310)