Louis XIV-Stil, nach Vorlagen von A.C. BOULLE (André Charles Boulle, 1642-1732), wohl Werkstatt des J. CREMER ( Joseph Cremer, geb. 1811), Paris, 19. Jh., teils ältere Elemente.

Ebenholz profiliert sowie fein eingelegt mit Schildpatt und Messingfilets in "première partie"; Blumen, Blätter und Zierfries. Rechteckiger Korpus mit giebelförmigem Kranz auf markantem Bastionssockel mit gedrehten Pyramidenbeinen. Zweitürige, auch inwendig fein marketierte Front mit breiter Schlagleiste. Ausserordentlich feine, matt- und glanzvergoldete Bronzebeschläge und -applikationen in Form von Maskaron, Rosetten und Zierstäben. Zu überholen. 145x48x200 cm.

Provenienz: Aus einer hochbedeutenden europäischen Privatsammlung. Hochbedeutender Schrank von perfekter Qualität und Eleganz, der die Formen des Louis XIV und die Boulle'schen Elemente zu einem "neuen Ganzen" kombiniert. Die gedrehten Pyramidenbeine finden sich in Boulles Werk an 2 kleineren Anrichten (ehemaligen Kabinetten), die heute Bestand der Sammlungen des Musée du Louvre in Paris sind (Inventarnr. OA 5453 bzw. OA 5454). Die markanten Bronzebeschläge der Türen finden sich an mehreren Prunk-Schränken, die ebenfalls Bestand des Louvre sind (Inventarnr. OA 5441 und OA 9518-9519, aus der Sammlung des Comte de Bendern). Der imposante Apollo-Beschlag lässt sich in analoger Form an einer kleinen Kommode von A.C. Boulle finden, die ebenfalls im Louvre ausgestellt ist (Inventarnr. OA 5478). Die hohe Qualität der Ausführung und die originelle Weitereintwicklung der Formensprache des Louis XIV weisen auf Arbeiten des J. Cremer hin. Er fertigte Möbel nach eigenen Vorlagen und wurde 1855 als "le plus habile de nos marqueteurs" beschrieben. Zu Cremers illustrer Kundschaft zählten u.a. König Louis-Philippe und der König von Holland. Cremer nahm an zahlreichen Ausstellungen teil und gewann diverse Medaillen und Ehrungen. 1844 wurde Folgendes festgehalten: "Le meuble de cet habile industriel est excessivement curieux; tous le genres, tous les styles, toutes les époques y sont reproduits; ce meuble est incrusté en cuivre, melchior, ivoire, écaille véritable, nacre et autres matières inconnues é ce jour". Es sind vor allem die Vielfalt, die Eigenständigkeit und die hohe Handwerkskunst, die das hier angebotene, sehr seltene Möbel der Werkstatt des J. Cremer zuschreiben lassen. Ein Halbschrank mit identischen Füssen, analoger Marketerie und ähnlichen Bronzebeschlägen ist zudem abgebildet in: D. Ledoux-Lebard, Le moblier français du XIXe siècle, S. 137. Lit.: D. Alcouffe / A. Dion-Tenenbaum / A. Lefébure, Le mobilier du Musée du Louvre, Dijon 1993; I, S. 68-93 (mit Abb. der erwähnten Möbel). D. Ledoux-Lebard, Le mobilier du XIXe siècle, Paris 1989; S. 136-138 (biogr. Angaben zu J. Cremer).