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THOMKINS, ANDRÉ

* 11.8.1930 LUZERN, † 9.11.1985 BERLIN

Maler, Zeichner und Grafiker.

Sohn eines Architekten. Ab 1946 Freundschaft mit dem Kunsttheoretiker Serge Stauffer, mit dem er sein Leben lang einen regen Briefwechsel pflegt. Schon früh begeistert er sich für Dadaismus und Surrealismus, für Künstler wie Jean Arp, Max Ernst und Marcel Duchamp, die für sein Schaffen prägend werden. 1947–1949 Besuch der Kunstgewerbeschule in Luzern (Max von Moos). 1948 kurzes Volontariat als Grafiker bei dem Konzern Unilever (NL). 1950–1951 lebt er in Paris, wo er die Académie de la Grande Chaumière besucht. 1952 Heirat mit der Künstlerin und Kunsterzieherin Eva Schnell und Übersiedlung nach Rheydt (D).

Der Sohn Oliver wird geboren, 1953 Nicolas. 1954 Umzug nach Essen. 1955 Geburt des Sohnes Anselm. Entdeckt die Lackskin-Technik. 1957 Geburt der Tochter Jenison. In den späten 1950er und Anfang der 1960er Jahre experimentiert er mit verschiedenen Techniken, Entstehung der ersten Palindrome und Anagramme. Er schliesst Freundschaft mit Künstlern, die überwiegend der Fluxusbewegung und dem Nouveau Réalisme angehören, insbesondere mit Daniel Spoerri. Ab 1960 Kontakte zum Cobra-Künstler Constant und zu Carlheinz Caspari, der das utopisch-architektonische Projekt Labyr gründet, an dem sich Thomkins aktiv beteiligen wird. Erste Ausstellung in der Galerie Van de Loo in Essen. 1961 und 1962 Bühnenbild für das Theater am Dom in Köln (unter der Regie von Caspari); lernt Karl Gerstner kennen. 1961 Geburt der Tochter Natalie. 1963 entstehen grosse Lackskins für die von seinem Freund, dem Architekten Eckhardt Schulze-Fielitz, aus Stahlrohr und Kunststoff erbaute Kirche in Düsseldorf Eller. 1965 lernt er Josef Beuys kennen. 1966 arbeitet Thomkins an Glasfenstern für die evangelische Kirche in Sursee (LU). Ab 1967 Freundschaft mit Alfonso Hüppi. Glasfenster für die Köln-Mülheimer Schule. 1968–1970 Objekte aus Gummi. 1969: Freunde-Ausstellung (Karl Gerstner, Dieter Roth, Daniel Spoerri und Thomkins) in Bern und Düsseldorf. Lernt Bernhard Luginbühl, Markus Raetz und Franz Eggenschwiler kennen. Sein Sohn Anselm stirbt an den Folgen eines Verkehrsunfalls.

Erst in den 1970er Jahren Beginn einer regen Ausstellungstätigkeit. 1971 erste grosse Einzelausstellung im Kunstmuseum Basel. Sein Sohn Oliver stirbt bei einem Motorradunfall. Schafft mehrere Eat Art-Objekte. 1971–1973 Professur für Malerei und Grafik an der Kunstakademie in Düsseldorf, die er aufgibt, da er daneben zu wenig Zeit für die eigene Arbeit findet. Ab 1974 Probleme mit nachlassender Sehschärfe. 1975 erste Herzattacke. 1976 Reise nach Brüssel, Frankreich und Amsterdam. 1977 Herzinfarkt. 1978 lernt er Elisabeth Pfäfflin kennen, übersiedelt nach Zürich und bezieht ein Atelier im Kulturzentrum Rote Fabrik. 1979 vertritt er die Schweiz an der Bienal de São Paulo, Freundschaft mit Rolf Winnewisser.

1981 Wahl zum Mitglied der Gottfried Keller-Stiftung. 1982 DAAD-Stipendium in Berlin. Lehrer an der Sommerakademie in Salzburg. 1983 Wandmalerei für die Nationalbank in Luzern. Übersiedlung nach München zu Elly Förster. 1985 stirbt er an einem Herzversagen. 1989–1990 Retrospektive in Berlin (Akademie der Künste) und im Kunstmuseum Luzern. Der Nachlass des Künstlers befindet sich im Kunstmuseum Liechtenstein.

«Mich lockt die Vielfalt des Existierenden, die ganze Breite des Sichtbaren»: In André Thomkins’ Worten spiegelt sich ein weitverzweigtes ikonografisches Repertoire, das er in seinem vielschichtigen Œuvre anhand verschiedenster Ausdrucksmittel umsetzte. Vor allem seine thematisch und technisch komplexen Feder-, Bleistift- und Farbstiftzeichnungen, die ihn in der Tradition der Miniaturisten und des Manierismus situieren, sind bekannt geworden, wie auch seine mit Feinheit und Präzision gestalteten surrealen Aquarelle. Der Künstler schuf daneben aber auch Plastiken aus Abfallprodukten oder einfachem Material im Sinne des Dadaismus und entwarf utopische Stadtfantasien, die seine Verbundenheit mit aktuellen künstlerischen Bewegungen belegen. Der intensive Austausch mit Künstlerkollegen und Freunden war für Thomkins eine stete Anregungsquelle. Er spielte mit Bild- und Wortzitaten aus Gegenwart und Vergangenheit, die Aktualität seines Denkens paart sich oft mit einer altmeisterlichen Umsetzung. In den ersten Schaffensjahren beschäftigt sich Thomkins mit dem Kubismus, aber auch mit dem Werk von Paul Klee und Max Ernst. Es kommt zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Menschenbild und mit Darstellungen von Seelenzuständen wie Angst und Bedrohung, welche das Dunkle in seinen frühen Arbeiten markieren, das aber in den frühen 1950er Jahren von Federzeichnungen mit heiteren, witzigen, schwebenden Figuren abgelöst wird. Als weitere Ausdrucksmittel sind neben Collagen und Rollagen vor allem die Lackskins hervorzuheben.

Thomkins entwickelt die Technik aus einem Buchbinderverfahren: Mittels Stäbchen lässt er auf eine Wasseroberfläche Lack tropfen, den entstehenden Farbfilm bearbeitet er, aleatorische Momente einbeziehend, um das Bild zuletzt mit Papier vom Wasser abzurollen. In diesem spezifischen Thomkins’schen Verfahren entstehen fantastische Landschaften und Figuren, an Mikro- und Makrowelten erinnernde Gebilde, wie in der Anfang der 1960er Jahre entstandenen Serie der Astronauten, die einen sich ins Unendliche erstreckenden Luftraum evozieren. Mit Lackfarbe schafft der Künstler auch seine Scharniere – beim Falten eines Blattes druckt sich ein auf einer Seite aufgetragener Lack-Faden symmetrisch auf der anderen ab. In den späten 1950er Jahren überarbeitet Thomkins mit feinen Federstrichen Illustrationen aus der Tages- und Wochenpresse, die hauptsächlich zeitgenössische politische und soziale Ereignisse darstellen.

Die vom Künstler manipulierten Vorgaben leben von ironischen und satirischen Verfremdungsreizen und witzigen Bedeutungsverschiebungen. Anfang der 1960er Jahre beschäftigt sich der Künstler intensiv mit dem Projekt Labyr, ein offener und dynamischer Urbanismus, der eine schöpferische und spielerische, gegen die Konsumgesellschaft orientierte Denk- und Lebensart ermöglichen soll, entspricht sowohl Thomkins’ politischer Haltung wie seiner Arbeitsweise. Die vorwiegend in den 1960er Jahren entstandene Werkgruppe der Verschleifungen vereinigt zeichnerische Könnerschaft und das Labyrinthische; die elegante, dynamische und rhythmische Strichführung erzeugt die Wirkung komplexer Räume. In den Rapportmustern legt Thomkins eine Struktur aus regelmässig gezeichneten Linien über die ganze Blattfläche. Mittels reflektierendem Hineinsehen schreibt der Künstler in das entstandene Muster in ambivalentem Nebeneinander Details ein, welche die Flächigkeit durchbrechen und eine irritierende räumliche Dimension erzeugen. Zeichenhafte Fragmente von Erfahrungen und Erinnerungen werden in die Hohlräume der Flächenstruktur eingewoben und schaffen neue Zusammenhänge.

Thomkins greift gerne auf Motive und Strukturformen der kunstgeschichtlichen Tradition zurück. Die in den 1970er Jahren entstandenen Paraphrasen nach Füssli, Böcklin oder Callot zeigen seine Lust an der Manipulation und Variation von bereits Vorhandenem. Minuziös ausgearbeitete Aquarelle, die beobachtete oder fantastische Landschaften wiedergeben, prägen sein Schaffen der 1970er Jahre ebenso wie die hauptsächlich aus Pappe hergestellten, altmeisterlich anmutenden Collagen mit surrealen Szenen und Landschaften mit märchenhaften Figuren. In den 1980er Jahren wendet sich Thomkins vermehrt der Ölmalerei zu und erarbeitet in feinen Farbnuancen für seine Verhältnisse grosse, flächige Bilder – was auch mit seinem nachlassenden Sehvermögen zusammenhängt. In den dadaistischen Objekten, wie beispielsweise dem Knopf-Ei (1957), werden banale Gegenstände zum Anlass für künstlerische Spekulationen.

Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre entstehen aus Gummi- und Esswaren zusammengestellte Objekte sowie kunstvolle Keramik-Türmchen. Thomkins’ Umgang mit der Sprache spielt schon früh eine wesentliche Rolle: Durch Zerlegen und neues Zusammensetzen von Sprachmaterial gelangt er zu unerwarteten Wortschöpfungen und poetisch-witzigen Satzkonstruktionen. Geistreiche Wortspiele wie die unzähligen Anagramme («nie malte wer / mental wie er»), Palindrome – beispielsweise solche in Form von Strassenschildern («lucerne en recul») – und Homophonien sowie assoziative Bildtitel spiegeln den ausgeprägten Sinn für das Ironische und Poetische seines auf Doppel- und Mehrdeutigkeit angelegten 


SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz

Simonetta Noseda, 1998, aktualisiert 2010 https://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4000356



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Lot 3091* - Z26 Swiss Art - Friday 19 June 2009, 02.00 PM

ANDRÉ THOMKINS

(Luzern 1930–1985 Berlin)
Los von fünf Portraits. 1982.
Guache auf Papier.
Jeweis signiert und datiert: André Thomkins. 1982.
Jeweils ca. 24 x 21 cm.

CHF 7 000 / 9 000 | (€ 7 220 / 9 280)

Sold for CHF 10 800 (including buyer’s premium)
All information is subject to change.

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Lot 3105 - Z21 Swiss Art - Friday 08 December 2006, 03.30 PM

ANDRÉ THOMKINS

(Luzern 1930–1985 Berlin)
Rattodrom. 1971.
Drehscheibe aus Holz, Muskatnüssen, Spaghetti, gelben Erbsen, Kunstsand.
Strombetriebenes Objekt in Holzkiste.
39 x 32 x 32 cm.

CHF 3 000 / 4 000 | (€ 3 090 / 4 120)

Sold for CHF 3 600 (including buyer’s premium)
All information is subject to change.

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