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Lot 3202 - Z33 Art Impressionniste & Moderne - vendredi, 07. décembre 2012, 16h00

HONORÉ DAUMIER

(Marseille 1808–1879 Valmondois)
Ratapoil. Um 1851.
Bronze. 12/20.
Guss ab 1925. Auf oberer Seite des Sockels nummeriert: 12/20. Auf der Rückseite des Sockels mit dem Giesserstempel: ALEXIS RUDIER Fondeur PARIS.
Höhe: 44,5 cm.

Provenienz: - Henry Bing, Paris. - E. Ruckstuhl (Sammlung Ruckstuhl-Siegwart), Küssnacht a. R. (Von H. Bing zwischen 1926-1939 gekauft). - Privatbesitz Schweiz (durch Erbschaft an den jetzigen Eigentümer). Literatur: - Alexandre, Arsène. Honoré Daumier, L'Homme et l'Oeuvre, Paris 1888, S. 297 (mit Abb. der Gipsversion). - Gobin, Maurice. Daumier Sculpteur, Avec un catalogue raisonné et illustré de l'oeuvre sculpté, Genf 1952, S. 294, Nr. 61 (mit Abb. der Gipsversion S. 295 und S.297; ausserdem mit Abb. eines anderen Abgusses auf S. 298-299). - Wassermann, Jeanne. Daumier Sculpture, A Critical and Comparative Study, Cambridge, Massachusetts 1969, S. 163, Nr. 37c (Gipsversion und andere Abgüsse abgebildet auf S. 162-163 und S. 166). - Millard, Charles W. The Sculpture of Edgar Degas, Princeton 1976, S. xi, Nr. 25 (mit Abb. eines anderen Abgusses, S. 155). - Passeron, Roger. Daumier, Témoin de son temps, Fribourg 1979, S. 169, Nr. 100 (mit Abb. eines anderen Abgusses). - Penny, Nicholas. Catalogue of European Sculpture in the Ashmolean Museum, 1540 to the Present Day, Oxford 1992, Bd. II. S.34, Nr. 274 (mit Abb. eines anderen Abgusses, S. 35). "Ah! Vous avez atteint en plein l'ennemi! Voilà l'idée bonapartiste à jamais pilorisée par vous!" (Ah! Sie haben den Feind voll getroffen! Das Inbild des Bonapartismus, von Ihnen auf ewig an den Pranger gestellt!") Es wird berichtet, dass der republikanische Historiker Jules Michelet Honoré Daumier in genau dem Moment kennen gelernt habe, als dieser seinen "Ratapoil" in Ton modellierte, und dass er dabei diese Worte der Begeisterung ausgerufen haben soll (Arsène Alexandre, Honoré Daumier: L'homme et l'oeuvre, Paris 1888, S. 295). Tatsächlich ist bekannt, dass Honoré Daumier für seine Karikaturen Plastiken aus ungebranntem Ton fertigte, um sie sich dreidimensional zu vergegenwärtigen. Was Michelet in diesem Fall antraf, ist eine hagere Figur mit geierartigem Kopf, spitzer Nase, Spitz- und Zwirbelbart, gekleidet in lange Steghosen, zugeknöpftem, doppelreihigem Gehrock, in welchem der Beutel mit dem Spitzellohn zwischen die Knöpfe halb eingesteckt sichtbar ist. Sie trägt ausserdem einen zerbeulten Zylinder und aufgeplatztes Schuhwerk. Lässig stützt sie sich in den Hüften auf ihren langen Schlagstock. Dadurch präsentiert sie sich in sehr verdrehter und raumgreifender Gebärde. Die Figur des "Ratapoil" taucht allerdings bereits ab 1850 im Charivari auf, in Daumiers politischen Karikaturen. Sie entsteht in der Zeit des Übergangs von der Zweiten Republik zum Zweiten Kaiserreich. Der Neffe Napoleons I. geht nach gescheiterten Putschversuchen ins Exil nach England. Nach der Februarrevolution von 1848 kehrt er nach Frankreich zurück und schafft es auf demokratischem Wege an die Macht zu kommen: Im Dezember 1848 auf vier Jahre zum Präsidenten der Republik gewählt, erzwingt er sich zwei Jahre später, im Dezember 1851, durch einen Staatsstreich diktatorische Vollmachten. Kurz danach, im Januar 1852, bestätigt eine Verfassungsänderung die Präsidentschaft auf zehn Jahre, und im darauf folgenden November wird das Kaiserreich per Plebiszit mit einer überwältigenden Mehrheit wieder installiert. Honoré Daumiers politische Karikaturen richteten sich zunehmend gegen Louis Napoleon und die seine reaktionäre Politik vorantreibenden Helfershelfer. Der Spottname Ratapoil bedeutet wörtlich "Hautratte" (rat-à-poil), also eine Ratte ohne Fell, eine nackte Ratte. Der Name ist ausserdem sehr lautmalerisch und ist dem Wort "rataplan", Trommelwirbel, sehr nahe. Betrachtet man Abbildungen von Napoleon III. fallen einem einige Ähnlichkeiten auf, vor allem die markante Barttracht. Nun kann man annehmen, dass diese Daumier an die Schnauzhaare der angespielten Nagetiere denken liess, weswegen er der Figur nicht nur diesen Namen gab, sondern sie besonders bei der Atelierplastik in einer verdrehten Körperhaltung darstellt, was vielleicht auch von ähnlichen Haltungen stehender Ratten inspiriert ist. Es ist dem Meister der Karikatur mit dieser dreidimensionalen Ausführung der Figur gelungen durch formelle Verzerrungen einen treffenden, kritischen Kommentar zum politischen Zeitgeschehen zu schaffen. Honoré Daumier lässt von seinem Freund Adolphe-Victor Geoffroy-Dechaume einen Gips nach seinem Tonmodell herstellen, wobei die ungebrannte, zerbrechliche Statuette wohl zerstört worden ist. Dieser Gipsabguss der zwar als Karikatur veröffentlichten Figur wird zeitlebens versteckt gehalten. Seit 1954 befindet er sich in der Albright-Knox Art Gallery in Buffalo. Den ersten Guss nach ebendiesem Gipsoriginal stellte Siot-Decauville 1891 im Sandgussverfahren in einer Auflage von mindestens 6 Exemplaren her. 1892 erstellt dieselbe Werkstatt eine zweite Auflage von 20 Exemplaren. Dasselbe Gipsmodell dient auch als Vorlage bei der Rudier-Auflage von 1925, aus der das vorliegende Exemplar stammt. Das Gussverfahren (Sandguss oder Wachsausschmelzverfahren) lässt sich weder anhand der Quellenlage noch der technologischen Befunde mit letzter Sicherheit bestimmen. Von den wohl 21 (nummeriert von 0 bis 20/20) von Henry Bing für die Rudier Giesserei erstellten Bronzeabgüssen befinden sich folgende Versionen in bekannten Museen: Nr. 0 Los Angeles, County Museum of Art; Nr. 7 Hamburger Kunsthalle; Nr. 9 Frankfurt, Städelsches Kunstinstitut; Nr. 13 Kunstmuseum Winterthur. Vorliegendes Exemplar, welches sich lange in Schweizer Privatbesitz befand und direkt bei Bing erworben wurde, ist eine kunsthistorisch bedeutende Rarität.

CHF 50 000 / 70 000 | (€ 51 550 / 72 160)

Vendu pour CHF 54 000 (frais inclus)
Aucune responsabilité n'est prise quant à l´exactitude de ces informations.