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Lot 519* - A188 Manuscrits & Autographes - mardi, 26. mars 2019, 17h00

Horae B.M.V. -

Officium paruum Beate Marie Virginis iuxta ritum s[an]c[t]e Romane Ecclesi[a]e. Stundenbuch. Lateinische und italienische Handschrift auf geglättetem Pergament. Mit hs. Titel mit reicher floraler und figürlicher Bordüre in Feder, Gold und Farbe, 5 (davon 3 figürlichen) grossen, 7- bis 9-zeiligen, Initialen in Farbe und Gold und 1 kleineren, 4-zeiligen, Goldinitiale, sowie zahlreiche kleinere Federinitialen in Blau und Rot.
Italien (Rom?), 1494. 8° (17,6 x 12,2 cm). [1] w., [141], [2] w. Bll. 15 Zeilen. Schwarzbraune, rote und blaue Rotunda. Schriftraum 10,5 x 8,5 cm; Blattgrösse 17,5 x 11,5 cm. Grüner Maroquinband des 19. Jhdts. mit goldgepr. Rückenschild, altem Etikett (fragmentarisch erhalten) und reicher floraler Rücken-, Deckel, Steh- und Innenkantenvergoldung, Goldschnitt (am unteren VGelenk angerissen, VDeckel etwas verzogen, schwach berieben).

Literatur:
- Hutton, P. Franciscan Books of Hours from Italy in the Newberry Library, Chicago, 2011.
- Manzari, Fr. ‘Italian Books of Hours and Prayerbooks in the Fourteenth Century’, in: Books of Hours Reconsidered, ed. by S. Hindman and J. Marrow, Turnhout / London 2013, S. 153-209.

Inhalt: fol. 1 Titel; fol. 2r-13v Kalender; fol. 14r-62v Stundengebete für den Gebrauch von Rom; fol. 63r-82r sieben bussfertige Psalmen und Litaneien; fol. 83r-v weiss; fol. 84r-115v Totenoffizien; fol. 116r-118v kurze Stundengebete des heiligen Kreuzes; fol. 119r-121v kurze Stundengebete des heiligen Geistes; fol. 121v Ablassgebete Salve sancta facies, weitere Gebete und Offizien Paps Johannes XXII., fol. 141v Kolophon.

Die Illuminationen mit einer Initiale D (fol. 14, 7 x 7 cm) mit einer Verkündigungsszene; einer Initiale D (fol. 40v, 5,5 x 5,5 cm); einer weiteren Initialen D (fol. 63r; 7 x 6 cm) mit einer Darstellung des bussfertigen König David zu Herrgott betend; einer Initiale K (fol. 72v, 5 x 4 cm); einer Initiale D (fol. 84r, 7 x 6 cm), kniende, betender Eremit mit Rosenkranz vor einem Totenkopf; einer Initiale D (fol. 116r, 4 x 3,5 cm) mit einem Kreuz vor einer Landschaft mit einer ummauerten Stadt.

Die Illustrationen als Ganzes ist relativ zurückhaltend und simpel und entspricht einem Buch, das mehr für seinen spirituellen als für seinen materiellen Wert geschätzt wird. Dennoch deutet die relativ prominente Goldausstattung (leider eher beschädigt) darauf hin, dass das Buch kein bescheidenes und kostengünstiges Manuskript war. Die vorliegende Handschrift gehörte ursprünglich einer wohlhabenden und frommen Person mit Beziehung zur franziskanischen Bewegung. Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts wurde die franziskanische spirituelle Bewegung zu einem integralen und populären Teil des religiösen Lebens. Die Einhaltung franziskanischer Ideale erklärt auch die relativ übliche Struktur ihrer Stundenbücher, da die franziskanische Bewegung zu einer liturgischen Reform geführt hatte. Sie zielten auf ein kürzeres, einfacheres und einheitlicheres Programm für Brüder und Laien. Stundenbücher, die unter dem Patronat der Franziskaner entstanden, spiegeln diesen Geist wider. Diese eher unprätentiösen Bücher waren gedacht als Andachtsbücher zu dienen und sollten nicht ihren Luxus zeigen. Die Illustration spielt daher dem Text eine eindeutig untergeordnete Rolle (Hutton 2011).
Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts gab es in Italien für die Laien erhebliche Unterstützung für das Phänomen der franziskanischen Beobachterbewegung. Die Franziskaner ermutigten aktive Laien die Teilnahme an religiösen Angelegenheiten und förderte die Entwicklung einer „Dritten Ordnung“ - diejenigen, die viele geforderte Pflichten der Franziskaner ausführte, ohne das Gelübde des Auftrages zu hintergehen. Tatsächlich, wird geschätzt, dass um 1500 zirka 600.000 Italiener dieser Bewegung angeschlossen waren (Hutton 2011).
Das vorliegende Manuskript wurde höchstwahrscheinlich in diesem Zusammenhang erstellt und erscheint in diesem Fall bescheiden im Vergleich mit einigen der aufwändigsten Stundenbücher. Aber das Buch ist "edel" auf seine eigene Art: in seinen gemeinsamen Elementen. Um verstehen zu können, was ein solches Manuskript uns lernen kann, müssen wir das Buch nicht nur als Ganzes betrachten, sondern auch als Produkt oder Bestandteil seiner Gesellschaft.

Stellenweise schwach fleckig, an der unteren rechten Ecke schwach abgegriffen und etwas stärker fingerfleckig, vereinzelte Blatt stärker gebräunt, Titelei und erstes Kalenderblatt etwas feuchtfleckig, Text stellenweise leicht berieben, das Blattgold der Initialen mit leichten Krakeleen, vereinzelt mit leichtem Farbverlust. Vom Buchbinder im Bug etwas knapp beschnitten. Insgesamt aber gut lesbare und sehr gut erhaltene Handschrift.

Provenienz:
- Gemäss fol. 141v. durch den Franziskaner Bruder Johannes Francigenis [Johannes von Frankreich] geschrieben und am 5. März 1494 vollendet. Angefertigt für einen unidentifizierbaren Patron (dessen Wappen auf fol. 14r, gelöscht).
- Titelblatt mit einer unidentifizierbaren (möglicherweise gefälschten?) Wappendarstellung eines Kardinals mit 3 grünen Hügeln auf blauem Schild, Lilien sowie einem unidentifizierbaren Objekt (Kragen, Schleife?).
- Privatsammlung, Europa.
- Sammlung Schweiz.

CHF 20 000 / 30 000 | (€ 20 620 / 30 930)