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Lot 3483 - A189 PostWar & Contemporary - Samstag, 29. Juni 2019, 14.00 Uhr

PIERO DORAZIO

(Rom 1927 - 2005 Perugia)
Mimet. 1962.
Öl auf Leinwand.
Verso signiert, datiert und betitelt: PIERO DORAZIO 1962 "MIMET".
46 x 33 cm.

Das vorliegende Werk ist im Archivio Piero Dorazio, Mailand, mit einem Fotozertifikat vom 19. Februar 2019 registriert. Wir danken dem Archivio Piero Dorazio für die freundliche Unterstützung.

Provenienz:
- Um die Entstehungszeit 1962 erworben, seitdem Privatsammlung Schweiz.
- Durch Erbschaft an den heutigen Besitzer, ebenfalls Privatsammlung Schweiz.

Piero Dorazio ist 1927 in Rom geboren, sein Interesse an Kunst wird in seinen Gymnasialjahren geweckt, als er seinen Klassenkameraden in das Ateliervon dessen Vater begleitet, dem Maler Aldo Bandinelli. Er beginnt zunächst ein Architekturstudium an La Sapienza, das er relativ schnell abbricht, um mit anderen jungen Künstlern die Gruppen „Ariete“ und „Arte Sociale“ zu gründen. Im Jahr 1947 bildet er u.a. mit Carla Accardi und Giulio Turcato die Gruppe „Forma 1“. Dorazio sucht immer wieder den Zusammenschluss mit anderen Künstlern, um seine Ideen zu entwickeln und zu verwirklichen. Sein Leben als Weltbürger beginnt, als er ein Stipendium von der Pariser École Nationale Supérieure des Beaux-Arts erhält, wo er von 1947 bis 1949 studiert. Er kommt in Verbindung mit Jean Arp, Alberto Magnelli, Fernand Léger und Georges Braque.

Es folgen inspirierende Zeiten: 1948 stellt er zum ersten Mal in Paris und Rom aus, und zusammen mit Ettore Sottsass beteiligt er sich an der Duo-Ausstellung „Arte Astrata“ in Rom. Im Jahr 1950 eröffnet er in Rom seine Buchhandlung mit Galerie „L’Age d’Or“, wo er Avantgarde Bücher anbietet sowie erfolgreich Ausstellungen für abstrakte Kunst organisiert. Er gründet 1951 mit Alberto Burri und Ettore Colla die „Fondazione Origine“, bevor er 1953 eine Einladung von der Havard Universität bekommt, um ein Seminar zu halten. Er folgt dieser Einladung gerne, da er stets bestrebt ist, neue Anregungen zu sammeln. Er zieht nach New York, wo er die Bekanntschaft mit zeitgenössischen amerikanischen Künstlern macht, sowie der führenden Persönlichkeiten des Abstrakten Expressionismus, wie Barnett Newman, Robert Motherwell oder Mark Rothko macht. 1963 bekommt er einen Lehrauftrag an der University of Pennsylvania, wo er für die nächsten 10 Jahren unterrichtet und die Fakultät für Fine Arts neu strukturiert. 1968 wird er zum Professor ernannt. Piero Dorazio verfasst zahlreiche kunsttheoretische und kunstkritische Texte, und er setzt sich lange mit den grossen Meistern der Moderne ausseinander, findet jedoch schliesslich seinen eigenen Weg zur Konkreten Kunst. In seiner Zeit an der Universität behält der Künstler ein Atelier in New York, wo seine ersten aus Farbbändern zusammengesetzten Kompositionen entstehen, welche sein Werk fortan prägen.

Seine bisherigen Bemühungen zur Elaboration seines Stils haben sich zu einem gewissen Zeitpunkt plötzlich bewehrt. Seine Geste definiert sich durch einen strukturierten Rhythmus, die nicht auf der Suche nach einer perfekten geometrischen Konstruktion ist, sondern den Phänomenen des Lichtes und der Farbe in energiegeladene, sich überlappenden Linien nachgeht. Er vereint sowohl die Spontaneität als auch das kontrollierte Malen, wodurch ein wunderbar modulierter Rhythmus in seinen Werken herrscht.

Die von uns angebotenen zwei Werken aus den 1960er Jahren (Los 3404 und 3483), die in ihrer Bildkomposition vollkommen unterschiedlich sind, stellen diese geometrisch geordnete künstlerische Freiheit gut dar: Die Überlappung und das Zusammenwirken der sich kreuzenden bunten Linien erzeugen eine reliefartige Struktur. Diese versucht das Licht des Hintergrundes entweder vergeblich zu decken, oder aber auch, das Leuchten der Hintergrundfarbe schafft es, sich einen Weg durch das Liniengeflecht zu bahnen. Seine an sich geometrischen Raster werden zu einem lebendig, vibrierenden und rhythmischen Ganzen zusammengestellt. Er fasst es selber gut im folgenden Satz zusammen: "The art of painting is not aimed at the more or less ingenious fabrication of images, but at the search for those key elements of visual perception that create a way of seeing and understanding those images." (Piero Dorazio, Cui prodest, 1967).

Piero Dorazio nimmt zwei Mal in Folge an der Documenta in Kassel teil und erhält 1961 den Prix Kandinsky. Im Jahr 1974 findet er eine Heimat in einem ehemaligen verlassenen Kloster in Umbrien, wo er bis zu seinem Tod 2005 lebt und arbeitet. Dort findet er die Ruhe und den Raum, seine künstlerischen Ideen zu verwirklichen. Regelmässig reist er auf die Insel Rhodos, um Inspirationen und besondere Lichtstimmungen aufzunehmen, die ihm als wichtige Anregung für viele Gemälde dienen.

Wie der Basler Philosoph und Kunsthistoriker Gottfried Boehm bemerkt, zielt der Bildbau dahin, „dass wir mit einer derartigen Überfülle von optischen Signalen konfrontiert werden, dass das Auge nicht mehr einzelne Details konstatiert…, sondern die Energie wahrnimmt, die sich aus den vielen Konstrasten aktiviert“.

Man kann demnach auch sagen: Piero Dorazios Bilder sind pure Energie. Sie spenden dem Betrachter ihre Kraft. (Galerie Wilmsen, Biografie Piero Dorazio).

CHF 30 000 / 40 000 | (€ 30 930 / 41 240)

Verkauft für CHF 88 140 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr