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Lot 3235 - Z32 Impressionismus & Moderne - Freitag, 22. Juni 2012, 16.50 Uhr

SALVADOR DALÍ

(1904 Figueres 1989)
Venus und Amoretten (Venus y cupidillos). 1925.
Öl auf Holz.
Unten links signiert und datiert: Salvador Dali 1925.
23 x 23,5 cm.

Provenienz: - Mercè Ros, Barcelona. - Privatsammlung Deutschland. Literatur: - Folch i torres, J. El pintor Salvador Dalí. In: Gaseta de les Arts (Nr. 60, 3 Jg.), Barcelona, 1. November 1926 , S. 2 (mit Abb.). - Gaya Nuno, Juan Antonio. Salvador Dalí. Imprenta Clarasó: Barcelona 1950. Abb.Tafel 3. - Descharnes, R.; Néret, G. Salvador Dalí, l'oeuvre peint 1904-1946, Köln 1994, Bd. I, S. 97, Nr. 212 (mit Abb.). - Fundació Gala-Salvador Dalí, Salvador Dalí, Catalogue Raisonné of Paintings, Nr. 161, www.salvador-dali.org. - Descharnes, Robert. Die Eroberung des Irrationalen, DALI, sein Leben - sein Werk, Köln 1984, S. 50 (mit Abb.). "Die schönen Formen sind gerade Flächen mit Rundungen. Formen sind dann schön, wenn sie Festigkeit und Fülle haben, wenn die Details jedoch nicht den Gesamtaspekt der grossen Körpermasse beeinträchtigen." Mit diesem Zitat von Jean-Auguste-Dominique Ingres (1780-1867) kommentiert Salvador Dalí 1925 den Katalog zu seiner ersten Ausstellung in der Galerie Dalmau in Barcelona. Der junge Dalí befindet sich gerade in einer Periode seines Schaffens, die man als Ingres-Phase bezeichnen könnte, und die Verehrung für den klassizistischen Maler wird in "Venus und Amoretten" aus demselben Jahr sichtbar. Der Rückenakt seiner Venus mit ihrem elegant geschwungenen Rückgrat, dem ausladenden Gesäss und der leichten Drehung zur rechten Seite sind deutliche Zitate von Ingres´ berühmten Akten wie "Die Badende von Valpincon" ("La Baigneuse" von 1808) oder dessen Spätwerk "Das türkische Bad" ("Le Bain turc" von 1862), die sich heute beide im Pariser Louvre befinden. Zeitgleich beschäftigt sich übrigens ein weiterer Surrealist, der vor allem für seine Fotografien bekannt gewordene Man Ray, in Paris mit Ingres. Sein Werk "Le Violon d'Ingres" (1924), das den nackten, in Manier der Ingresschen Rückenakte fotografierten Ansicht seiner Geliebten und Muse Kiki de Montparnasse mit zwei aufgemalten Öffnungen eines Cellos zeigt, gehört zu dessen bekanntesten Werken. 1924/25 malt Dalí einige weitere Rückenansichten und -akte, für die meist seine jüngere Schwester Ana María und seine Cousine Montserrat Modell stehen. Auch auf dem Plakat der bereits erwähnten Einzelausstellung in der Galerie Dalmau ist ein "Junges Mädchen mit entblösstem Rücken aus Esquena" (oder "Sitzendes Mädchen von hinten", Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Madrid) abgebildet. Realistische weibliche Akte und Hinterteile bilden ab dieser Zeit einen wichtigen Teil des Dalíschen Motivrepertoires. Sein eigentliches surrealistisches Schaffen wird um 1929 angesetzt. Doch die kühle Farbpalette aus Blau- Grau- und Brauntönen unseres Bildes und die drei gesichtslosen Amoretten auf der linken Bildseite - insbesondere der schwebende Putto mit dem rosa Stoffband - vermitteln eine traumähnliche, unwirkliche Atmosphäre. Rechts oben eröffnet ein eigentümliches Wolkengebilde eine Art zweite Welt, eine doppelte Realität. Dort türmt sich hinter den dichten, diagonal verlaufenden Schleierwolken ein grauer Berg, als wachse dort ein Gebirge aus der Luft. Venus und ihre Amoretten sitzen auf flachen grauen Steinen, die vor einer Steilküste mit schroffen Felsen aus dem Meer ragen. Es sind die von den Elementen wild zerklüfteten Felsen an der katalanischen Küste nahe Cadaqués, die Dalí über alles liebt und die nur wenige Jahre später die Szenerie für Dalís berühmtesten surrealistischen Bilder bilden wird - man denke nur an die Uhren, die in "La persistence de la mémoire"( 1931, The Museum of Modern Art, New York) vor dem Hintergrund einer Küste mit rechts aufragenden Felsen zerfliessen. Dass Dalí sich intensiv mit den wichtigsten künstlerischen Strömungen seiner Zeit - dem Impressionismus, Kubismus, Neo-Klassizismus - auseinandergesetzt hat, ist umfangreich dokumentiert. Aber es ist der vielleicht gewagte Vergleich mit der wohl berühmtesten Venus-Darstellung der Kunstgeschichte, Botticellis "Geburt der Venus" (um 1484-85, Uffizien, Florenz), der wichtige Ansätze für die Entschlüsselung unseres Bildes ergibt. Dieses Gemälde stellt eigentlich nicht die Geburt, sondern die Ankunft der auf einer Jakobsmuschel gleitenden Schaumgeborenen am Strand von Zypern dar. Links treibt sie der Westwind Zephyr an die lieblichen Gestade; er hält wohl die Nymphe Chloris im Arm, die sich erst durch seine Umschlingung in Flora, die Göttin der Frühlingsblüte, verwandelt. Am Strand wird Venus von einer der Horen, der Göttinnen der Jahreszeiten, mit einem rötlichen, blumengeschmückten Mantel empfangen. Dalís "Venus und Amoretten" zeigt bemerkenswerte kompositorische Parallelen zu dieser Ikone der Renaissance. Er hat allerdings die Darstellung um 180 ° gedreht, sodass wir den Rücken der auf den Felsen sitzenden Venus zu sehen bekommen, während sich das hier als schroffes, abweisendes Terrain gestaltete Ufer nun links befindet. Selbst der links in weiter Ferne liegende flache Strand wirkt kahl und uneinladend. Kein Paradiesgarten für Venus! Zephyr und Chloris - hier als zwei Knaben dargestellt - kümmern sich nicht um die gestrandete Liebesgöttin und lassen sie auf dem kahlen, kalten Felsen sitzen, während sie sich selbst nicht der mystischen Vereinigung, sondern dem ungehemmten Umarmung hingeben. Man beachte den Putto, der beim Akt mit seiner linken Hand eine Halsfalte des zurückgelehnten Partners kneift. Der wiederum hält achtlos in seiner Rechten das Zeichen der Venus, die Jakobsmuschel, aus der Wasser ins Meer rinnt. Aus dem schützenden, prachtvoll geschmückten rötlichen Mantel ist ein schmales Bändchen geworden, mit dem sich der ziemlich ineffektiv links oben schwebende Putto beschäftigt. Nur ein kleiner Putto rechts neben Venus richtet seine Aufmerksamkeit auf sie und zeigt ihr eine Spitzschnecke. Das Gesicht der recht korpulenten Schönheit ist dunkel verschattet und nur im Profil zu sehen. Während die nackte Venus bei Botticelli ihre Blösse mit den langen Haaren verdeckt, hat Dalís Liebesgöttin vorne ein weisses Tuch über die Scham gelegt. Doch untergräbt der Maler ihre Sittlichkeit mit dem wohl ersten seiner berühmten Vexierbilder: Betrachtet man genau den unteren Rücken und das Gesäss, so kann man eine Frau erkennen, die sich zurücklehnt und ihre gespreizten Beine angezogen hat und so ihre offene Vulva darbietet, die durch die Pofalte der Venus gebildet wird. Dalís "Venus und Amoretten" kann also als moderne, ironisierende Interpretation des berühmten Gemäldes von Botticelli gelesen werden, in der sich malerisches Können mit seinen wichtigsten Motivsträngen zu einem "prä-surrealistsichen" Meisterwerk verdichten.

CHF 1 500 000 / 2 200 000 | (€ 1 546 390 / 2 268 040)

Verkauft für CHF 2 032 500 (inkl. Aufgeld)
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