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Lot 3018 - A192 Gemälde Alter Meister - Freitag, 19. Juni 2020, 14.00 Uhr

FEDE GALIZIA

(1578 Mailand 1630)
Früchtestillleben mit Trauben in einer weissen Keramikschale, einem Granatapfel und Birnen auf einer Steinplinthe.
Öl auf Holz.
28 × 38,3 cm.

Provenienz:
Schweizer Privatbesitz.

Dieses kürzlich in einer Schweizer Privatsammlung entdeckte Früchtestillleben ist ein qualitätsvolles Werk der Mailänder Künstlerin Fede Galizia. Die Aufmerksamkeit, die sie für jedes Detail aufwendet, und ihre innovative kompositorische Gestaltung sind charakteristische Merkmale dieser Ausnahmekünstlerin und werden hier exemplarisch zur Schau gestellt.

Fede Galizia trug mit ihren naturalistischen, reduzierten Kompositionen mit Früchten und Blumen wesentlich zur Etablierung des Stilllebengenres in Italien zu Beginn des 17. Jahrhunderts bei. Nur etwa zwanzig Stillleben von ihr sind heute bekannt, sodass ihre Frucht- und Blumenstücke Raritäten und bedeutende Meilensteine der Kunstgeschichte darstellen.

Galizia wurde bei ihrem Vater, dem Miniaturmaler Nunzio Galizia (1539–1621) in Mailand ausgebildet und fand bereits im Alter von zwölf Jahren Erwähnung. Der Kunstkritiker Gian Paolo Lomazzo (1538–1592) berichtete, dass Fede die grossen Meister ihrer Zeit studierte und nachahmte. Obwohl weibliche Künstlerinnen ihrer Zeit selten Aufträge für Historiengemälde erhielten, war Galizia zu Lebzeiten vor allem für Andachtsbilder und Porträts bekannt. Während sich die meisten Maler des 17. Jahrhunderts auf ein einziges Genre spezialisierten, scheint Galizia den Hindernissen einer männlich dominierten Kunstwelt getrotzt zu haben und ein vielfältiges Werk geschaffen zu haben. Während ihre Stillleben bis ins 20. Jahrhundert praktisch unbekannt waren, zeigt sich nun, dass Fede Galizia, wie Clara Peeters (um 1589–1657) in den Niederlanden, eine entscheidende Rolle bei der Entstehung des relativ neuen Genres des Stilllebens spielen sollte.

Das in der Kunstgeschichte früheste bekannte Beispiel eines Früchtestillleben ist die schlichte Komposition mit einem Fruchtkorb von Caravaggio (1571–1610), die sich in der Pinacoteca Ambrosiana in Mailand befindet und zwischen 1595 und 1596 datiert wird. Im frühen 17. Jahrhundert befand sich Caravaggios Gemälde in der Sammlung des Kardinals Federico Borromeo in Mailand, zusammen mit einer Reihe von Werken von Jan Brueghel d. Ä. (1568–1625), und es ist möglich, dass Fede Galizia sich vom intensiven Realismus dieser Werke inspirieren liess. Die Werke Galizias legen jedoch eine einzigartig ruhige Atmosphäre an den Tag, die durch die Einfachheit der einzelnen Elemente und die Art und Weise, wie die Früchte und Blumen auf kleinstem Raum eine monumentale Präsenz annehmen, geprägt wird.

Fede Galizias präzise Beobachtung der Natur erweckt jedes einzelne Element dieses Stilllebens zum Leben. Modulationen von Licht und Schatten deuten die Krümmung der Weinblätter und die Reife der Trauben an, rafinierte Lasurschichten vermitteln glaubhaft die Textur der Früchte im Gegensatz zur kühleren Festigkeit der weissen Keramikschale. Die Schönheit und der Realismus ihrer Komposition ermutigen den Betrachter, sich an den winzigen Details und der Finesse ihrer Ausfühung zu erfreuen. Der ausgezeichnete Zustand dieser kleinen Tafel lässt sie zudem ganz besonders als meisterhafte Arbeit im Oeuvre Galizias glänzen.

Die jüngste Forschung erweiterte die Gruppe der Fruchtstillleben Galizias, was zu einem Wiederaufleben ihrer Popularität und zu einer Neubewertung ihrer Bedeutung in der italienischen Barockkunst geführt hat. So wurde beispielsweise eine vorher nicht publizierte, mit dem hier angebotenen Gemälde vergleichbare Komposition mit Trauben in einer weissen Keramikschale, Birnen und einem Granatapfel vor wenigen Jahren zusammen mit einem Gegenstück in New York versteigert (Sotheby's, New York, 1.2.2018, Los 20). Flavio Caroli datiert ein vergleichbares Stilllebenpaar in seiner Monographie über die Künstlerin in das Spätwerk Galizias (siehe Flavio Caroli: Fede Galizia, Turin 1989, S. 88, Kat.-Nr. 34 und 35). Caroli erwähnt zudem ein beinahe identisches Fruchtstillleben mit Trauben in einer weissen Keramikschale, Birnen und einem Granatafpel in einer Mailänder Privatsammlung (siehe Flavio Caroli: Fede Galizia, Turin 1989, S. 94, Kat.-Nr. 62).

Die Eigenhändigkeit des hier angebotenen Gemäldes, welches Caroli 1989 nicht bekannt war, wurde kürzlich von Prof. Mauro Natale und von Prof. Alessandro Morandotti nach Prüfung des Originals bestätigt, wofür wir ihnen danken.

CHF 150 000 / 200 000 | (€ 154 640 / 206 190)

Verkauft für CHF 451 700 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr