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Lot 3141 - A196 Gemälde des 19. Jahrhunderts - Freitag, 26. März 2021, 16.00 Uhr

FERDINAND GEORG WALDMÜLLER

(Wien 1793–1865 Helmstreitmühle)
Der Liebesbrief. 1848.
Öl auf Leinwand.
Oben rechts signiert und datiert: Waldmüller 1848.
78 × 64,5 cm.

Gutachten:
Prof. Dr. Rupert Feuchtmüller, 12.9.1990 (in Kopie vorhanden).

Provenienz:
- Schweizer Privatbesitz.
- Auktion Koller, Zürich, 16.11.1990, Los 5085.
- Privatsammlung Fürstentum Liechtenstein.

Literatur:
Rupert Feuchtmüller: Ferdinand Georg Waldmüller. 1793–1865. Leben - Schriften - Werke. Hrsg. v. Österreichischen Galerie in Wien. 1996. S. 497, Nr. 792 (mit Abb.).

Ferdinand Georg Waldmüller gilt als einer der renommiertesten Vertreter der österreichischen Biedermeier-Zeit und lernte bereits in sehr jungen Jahren an der Wiener Akademie als Schüler von Hubert Maurer (1738–1818) und Johann Baptist Lampi (1751–1830). Im autodidaktischen Studium bildete er sich nebst seiner akademischen Ausbildung stetig weiter.

Seinen Lebensunterhalt finanzierte er in seinen Anfängen unter anderem mit dem Verkauf von Miniaturporträts und als Zeichenlehrer im Haus des Grafen Gyulay in Agram. Hier lernte er seine erste Gattin, die Hofopernsängerin Katharina Weidner kennen, die er fortan, bis zu ihrer Rückkehr nach Wien, als Dekorationsmaler zu ihren Engagements begleitete.

Mehr und mehr wandte Waldmüller sich der Porträtmalerei zu und erhielt zahlreiche Aufträge aus Adelskreisen. Auf seinen Studienreisen nach Italien und Paris perfektionierte er seine Fähigkeiten der wirklichkeitsgetreuen Wiedergabe der Natur. Dass Waldmüller das Naturstudium gegenüber dem akademischen Kopieren alter Meister bevorzugte aber auch seine Reformvorschläge, führten in den 1840er-Jahren zum Konflikt und 1857 zum Akademieausschluss. Nachdem er jedoch in den darauffolgenden Jahren vermehrt internationale Erfolge feiern konnte, wurde er 1864 von Kaiser Franz Joseph (1830–1916) rehabilitiert.

„Der Liebesbrief“ entstand 1848 und reiht sich in die letzte Schaffensphase Waldmüllers ein. In einer weiteren Version von 1849 wiederholt der Wiener Künstler das Motiv in einem kleineren Format. Dargestellt sind zwei junge Frauen, in eine Brieflektüre vertieft. Das Mädchen, dessen Schultern von einem roten Gewand umhüllt werden, beobachtet den Gesichtsausdruck und die Gefühlsregungen ihrer Freundin beim Lesen. Das Kleid der Briefleserin ist herabgerutscht und entblösst ihre Schultern. Vollkommen von der Dunkelheit umgeben, erhellt nur der Schein einer Kerze das Interieur und lenkt den Blick des Betrachters auf das Hauptgeschehen. Geschult durch zahlreiche Italienfahrten, wusste Waldmüller mit Raum- und Lichteindrücken umzugehen, wie vorliegende Darstellung besonders hervorzuheben vermag. Die Lichtquelle wird vom Künstler dafür genutzt, um theatralisch die Komposition und ihre Protagonistinnen und deren Gefühlsregungen in Szene zu setzen. Eine naturgetreue Wiedergabe unterschiedlichster Stofflichkeit zeichnen die Darstellungen Waldmüllers aus, wobei sich diese nie malerisch frei vom Gegenstand lösen, sondern dem Detail und der formalen Linearität verhaften bleiben. Mit grosser Virtuosität vermochte es Waldmüller unterschiedliche Texturen künstlerisch voneinander abzusetzen.

Ferdinand Georg Waldmüllers Leben, selbst aus einfachen Verhältnissen stammend, war von Stabilität und Bodenständigkeit gekennzeichnet, was sich in seinem künstlerischen Werk widerspiegelte: nie verlor er den unmittelbaren Zugang zur Realität. Für eine ganze Künstlergeneration galt seine Arbeit zugleich als richtungsweisend, erklärend, moralisierend und sozialkritisch.

CHF 150 000 / 250 000 | (€ 154 640 / 257 730)

Verkauft für CHF 232 100 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr