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Lot 125* - A174 Sammlung italienische Buchmalerei - Freitag, 18. September 2015, 13.30 Uhr

DON SIMONE CAMALDOLESE


Provenienz: - 1980 Kreuzlingen, Sammlung Kisters. - 1996 Hamburg, Jörn Günther. - 1997 im heutigen Besitz. Ausstellung: - Lugano, Fondazione Thyssen-Bornemisza, Villa Favorita, 7. April - 30. Juni 1991, Nr. 79. Bibliographie: - Miklòs Boskovits, Pittura Fiorentina alla Vigilia del Rinascimento, Florenz 1975, S. 429. - D.G. Firmani, Don Simone Camaldolese and manuscript Production in late Trecento Florence a codiological examination, Diss. Maryland 1984, S. 10. - Gaudenz Freuler, Manifestatori delle cose mircolose. Arte Italiana del 300 e del 400 da collezioni in Svizzera e Liechtenstein (Ausstellungskatalog Lugano, Fondazione Thyssen) Einsiedeln 1991, S. 208. - Friedrich G. Zeileis, Più ridon le carte (3.ed.), Rauris 2014, S. 244-247. Weitere zitierte Literatur: - Gaudenz Freuler in: Lorenzo Monaco dalla Tradizione Giottesca al Rinascimento, Florenz 2006, S. 138. - Ders., in: L'eredità di Giotto. Arte a Firenze 1340-1375, Kat. Florenz Galleria degli Uffizi, Florenz 2008, S. 236-239. Die imposante, in der Art eines monumentalen Wandgemäldes konzipierte florentinische Prachtsinitiale erzählt in stiller meditativer Stimmung die Anbetung des neugeborenen Erlöserkindes durch seine Eltern und die herbeigeeilten Hirten, denen ein Engel die Geburt des Erlösers verkündet hatte. Letzteres ist im oberen Initialfeld ausserhalb der Initiale verbildlicht, wo ein Engel im köstlich gemalten Sturzflug den Hirten auf dem Feld die frohe Botschaft überbringt. Die lilafarbene, plastisch wirkende, von blauen und grünen Blattranken überwucherte Initiale leitet das Vesperantiphon an Weihnachten ein: Hodie Christus natus est, hodie Salvator apparuit ... Die Autorschaft des aus Siena stammenden Kamaldulenserbruders Don Simone Camaldolese für dieses aus einem Antiphonar geschnittenen Fragment ist seit Boskovits' Erstpublikation (1975) unbestritten und wurde später vom Schreibenden bestätigt (Freuler 1991). In der Tat haben sich von diesem bedeutenden, vor allem in Florenz wirkenden Protagonisten der toskanischen Buchmalerei des letzten Viertels des 14. Jahrhunderts verschiedene monumentale Bildinitialen desselben Bildthemas erhalten, für welche die Aufgabe der Verbildlichung der Geburt Christi künstlerisch sehr ähnlich gelöst wurde. Eine vom Schreibenden auf 1389 datierte Initiale wurde in diesem Haus äusserst erfolgreich versteigert (Koller, 18. März 2008, lot 3409), während eine weitere glanzvolle, in die letzten Schaffensjahre des Künstlers fallende Bildinitiale von unerhörten Dimensionen (375 x 295 mm) sich in perfekter Erhaltung in einer Privatsammlung in San Francisco (London Christie's 22.6.1988, lot 215, Abb.1) befindet. Mit letzterer, vermutlich gegen 1405 gemalten Bildminiatur, bei der der Künstler am Ende seiner Karriere augenfällig am neuen Stern am Horizont der Florentiner Buchmalerei, Lorenzo Monaco, Mass nimmt und sich nun an dessen Figurentypen und Draperiekultur orientiert, (vgl. das Profil des Joseph mit jenem des Nikodemus in Lorenzo Monacos ca. 1404 entstandenem Predellenbild der Beweinung Christi in amerikanischem Privatbesitz; G. Freuler 2006, S. 138), verbindet sich das monumentale Bildkonzept. Gleich wie dort beschränkst sich die Narration nicht allein auf die Bildinitiale, sondern erstreckt sich über diese hinaus über das gesamte Initialfeld. Dieses ist somit nach dem Prinzip der Freskomalerei konzipiert, das, wie im Falle Don Silvestro dei Gherarduccis Buchkunst (vgl. London, British Library, MS Add. 35254C), oft mit einem Kosmatenfries begrenzt ist. Dieses Prinzip gilt auch für vorliegende, von einem Rautenfries umrahmte Bildinitiale, deren Erzählung der Anbetung der Hirten vermutlich eine berühmte sienesische, von Ambrogio Lorenzetti erfundene Bildidee weiter entwickelt, die auch Grundlage für Bartolo di Fredis Anbetung der Hirten aus dem Jahre 1374 (New York, Metropolitan Museum) war. Mit der wohl 1389 gemalten, in diesem Haus verkauften Bildinitiale und der späten in San Francisco von ca. 1404 sind die beiden chronologischen Eckpunkte gesetzt, innerhalb derer vorliegende Initiale geschaffen wurde. Damit erhärtet sich die traditionell postulierte Entstehungszeit im letzten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts, womöglich zwischen 1395 und 1400. Wie dies mit der in Rede stehenden prachtvollen Bildinitiale eindrücklich unter Beweis gestellt ist, muss die hohe künstlerische Begabung des gegen 1380 aus Siena eingewanderten Don Simone Camaldolese in Florenz schnell auf grosses Interesse gestossen sein, denn seit dieser Zeit wurden ihm von den bedeutendsten florentinischen Klöstern zahlreiche wichtige Aufträge erteilt, so verschiedene Bände der Chorbuchserien von San Pancrazio, Santa Croce und Santa Maria del Carmine, um bloss einige zu erwähnen. Verschiedene auf die berühmtesten Museen verteilte Fragmente (New York, Metropolitan Museum, London, Victoria and Albert Museum; Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Berlin, Gemäldegalerie, Kupferstichkabinett) bezeugen weitere aufgebrochene Zimelien unseres Buchmalers, dessen Ruf über Florenz hinaus bis an den Hof der Visconti und Gonzaga reichte, als er auf der Höhe seines Schaffens ca. 1385 beauftragt wurde, für die Gattin Francesco Gonzagas, Agnesa Visconti, das Frontispiz einer Weltchronik zu illuminieren (G. Freuler 2008, S. 236-239).

CHF 30 000 / 50 000 | (€ 30 930 / 51 550)

Verkauft für CHF 36 500 (inkl. Aufgeld)
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