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Lot 3012* - A190 Gemälde Alter Meister - Freitag, 27. September 2019, 14.00 Uhr

MEISTER VON 1537 / FRANS VERBEECK (?)

(vor 1530 Mechelen um 1570)
Bildnis eines Narren. Um 1550.
Öl auf Holz.
33,9 × 24,6 cm.

Provenienz:
- Kunsthandel Frieda Hintze und Kurt Rhode, Berlin, bis 1940 (als Quentin Massys).
- Durch Erbschaft Sammlung Frieda Hintze, Berlin bis 2009.
- Europäischer Privatbesitz (Leihgabe Musée départemental de Flandre, Cassel, Inv. Nr. D.2010.5.1), 2010.
- Europäischer Privatbesitz.

Ausstellung:
Splendeurs du maniérisme en Flandre 1500–1575, Musée de Flandre, Cassel, 4.5.–29.9.2013, Nr. 68.

Literatur:
- Kenneth Craig: Proverb’s Progress: a Fool Looking Through His Fingers, in: The Great Emporium, The Low countries as a Cultural Crossroad in the Renaissance and the Eighteenth Century, Amsterdam 1992, S. 105–136, S. 109, Abb. 2.
- Sandrine Vézilier (Hg.): Musée départemental de Flandre, Cassel, Catalogus van geselecteerde Kunstwerken, Mailand 2010, Kat. Nr. 52, S. 164–166.
- Ausst. Kat. Splendeurs du maniérisme en Flandre 1500–1575, Musée de Flandre, Cassel 2013, Kat. Nr. 68, S. 230–233, Abb. A.

Das hier angebotene Werk des Meisters von 1537 war ab 2010 als Leihgabe und als Blickfang der Sammlung im Musée départemental de Flandre in Cassel (Inv. Nr. D.2010.5) ausgestellt. Dieser zwischen 1520 und 1570 in Mechelen tätige Meister erhielt seinen Notnamen aufgrund einer 1537 datierten Tafel, welche die Heilige Familie darstellt (siehe Vézilier 2010, Abb. 52.4, S. 166). Dr. Jaco Rutgers hebt in einer wissenschaftlichen Untersuchung (vom 25. Juni 2019) hervor, dass der Meister von 1537 mit Frans Verbeeck identisch ist. Stilistisch ist der Meister nahe an Jan Sanders van Hemessen (1500–1566) und Pieter Coeck van Aelst (1502–1550) einzuordnen, wobei er einen sehr persönlichen Stil entwickelte, der sich durch überzeichnete Gesichtszüge seiner Figuren, übertriebene Posen und einzigartige Kompositionen auszeichnet, und seinen Kompositionen eine satirische Dimension hinzufügt.

Eine zweite Version unseres Narren befindet sich in Privatbesitz (siehe Ausst. Kat. 2013, Kat. Nr. 68, Abb. B, S. 233) und eine weitere im Davis Museum and Cultural Center, Wellesley College (siehe Vézilier 2010, Abb. 52.3, S. 164). Aufgrund einiger unterschiedlicher Details in unserer Version galt sie wahrscheinlich für den Meister als Vorlage für einen Stich. Dabei handelt es sich möglicherweise um die 1550–60 entstandene Druckgraphik in der Bibliothek der Universität Leiden (Inv Nr. PK_P_20711_B_12).

Die Figur des Narren ist in der flämischen Malerei des 16. Jahrhunderts beliebt und findet sich auch im Oeuvre von Quentin Massys (1466–1530) oder auf Stichen von Lucas van Leyden (1494–1533). So erstaunt es nicht, dass unser Gemälde in der Sammlung Hintze als ein Werk von Quentin Massys galt.

Die hier angebotene Darstellung ist allerdings insofern besonders originell und eine Seltenheit, als dass die Figur des Narren als Porträt vor einem schwarzen Hintergrund dargestellt ist und sich die gesamte Komposition auf die Mimik und die Gesichtszüge des Narren konzentriert. Besonders reizvoll wird das Gemälde zudem, wenn man weiss, dass das niederländische Sprichwort "door de vingers zien" dargestellt ist, welches heute noch gebräuchlich ist. Um dieses Sprichwort darzustellen, spielen sowohl die Handgestik als auch das Motiv der Brille eine zentrale Rolle: Der Narr, der seine Brillen in seinem Mantel verstaut, betrachtet die Welt durch seine Finger. Dieses Sprichwort offenbart eine Haltung, die darin besteht, sich von allem zu distanzieren, was in der Welt falsch läuft. Indem er die Augen verschliesst und schweigt, gelingt es dem Einzelnen so, sich zu schützen. Der Narr ruft zudem den Betrachter dazu auf, sich ihm gegenüber genauso wohlwollend zu verhalten. Die konventionellen Symbole des Narren finden sich auch in dieser Darstellung: Das gelbrote Kostüm, die Mütze mit den Eselsohren, der Hahnenkamm, der Narrenstock rechts und die Brille im Vordergrund. Letztere, gewöhnlich ein Zeichen für Gelehrsamkeit, wird hier mit der Blendung und dem Betrug assoziiert, denn die technische Herstellung war eine Herausforderung und die Brillen daher nicht überall von gleichwertiger Qualität, weshalb ihre Verkäufer mitunter als Scharlatane galten.

Das Gemälde ist dendrochronologisch durch Dr. Peter Klein untersucht worden und kann ab 1548 entstanden sein.

CHF 500 000 / 700 000 | (€ 515 460 / 721 650)

Verkauft für CHF 695 300 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr