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Lot 3226* - Z41 Impressionismus & Moderne - Freitag, 02. Dezember 2016, 14.00 Uhr

PIERRE BONNARD

(Fontenay-aux-Roses 1867 - 1947 Le Cannet)
Paysage, Arbres fruitiers. Um 1909.
Öl auf Papier, auf Leinwand aufgelegt.
Unten links mit Stempelsignatur: Bonnard.
48 x 62 cm.


Wir danken Frau Dr. Bettina Best für die wissenschaftliche Unterstützung.

Provenienz:
- Nachlass des Künstlers.
- Privatsammlung Paris.

Literatur:
- Dauberville, Jean/Dauberville, Henry: Bonnard. Catalogue raisonné de l'oeuvre peint, 1940-47 et supplement, Paris 1974, Bd. IV, Nr. 01949, S. 285 (mit Abb.).
- Cahn, Isabelle: Bonnard. Peintre l'Arcadie. Ausst. Kat., Musée d'Orsay, Paris 2015.

Bonnard fährt seit 1909 nahezu jährlich ins Midi. Im Juni desselben Jahres reist er zum ersten Mal an die Côte d’Azur. Sein Malerfreund Henri Manguin hat ihn nach Maleribes eingeladen, das heute ein Vorort von St. Tropez ist. Bonnard und Manguin teilen ihre Leidenschaft für die Natur, die Landschaft und die Farben.
Bonnard kehrt immer wieder zurück nach St. Tropez, Grasse, Cannes und Le Cannet bis er sich 1926 ein kleines Haus in den Hügeln über Cannet mit Blick auf das Mittelmeer kauft, das er "Le bosquet", das Gehölz, tauft. Dort verbringt er bis 1947 weitgehend seinen Lebensabend.
Während Bonnards erstem Besuch im Midi schafft er unser Gemälde "Paysage, Arbres fruitiers". Dieser ruhige und lichtvolle Ort inspiriert Bonnard zur glutvollen Sinnlichkeit vitaler Farben. Seine Palette hellt sich auf, die Landschaft avanciert zu einem Lebensraum im Freien und seine Bilder erhalten diese expressive Farbkraft, die herb und gehalten bleibt: blaue Schatten, gelbe Wiesen, orange Blätter und intensive Himmel lösen die bisher gedämpfte Palette des in Paris ansässigen Malers endgültig ab.

Im Unterschied zu den Bildern des Freundes Henri Manguin kann man Bonnards Schöpfungen "gebaute Bilder" nennen. Sie sind Räume, in denen sich die Fantasie entfalten kann. Das Liniengerüst der Äste vertieft sich in unserem Gemälde im Dunkel des Laubs zu blau-kühlender Dichte – dem Außenraum des Gartens den Innenraum der Baumkrone entgegensetzend. Unter diesem schattigen Sonnendach verliert sich der Wiesenpfad, gesäumt von der über ihre Arbeit gebeugten Bäuerin am vorderen Bildrand. Auf ihm dürfen die Gedanken entlang spazieren, um sich in der Ferne in ihren trägen Tagträumen in einem paradiesischen Garten voller Sinnlichkeit zu verlieren, in dem das goldfarbene Orange sommerliche Hitze versprüht.
In einer für ihn typischen Manier gliedert Bonnard die groß angelegte Landschaft in verschiedene Flächenkompartimente: die Baumkronen, den Hintergrund, eine seltsam abstrakte Dreicksform am linken Bildrand und ein mit lockerem Pinsel angelegtes Flächensegment in der linken oberen Bildecke. Eine Straße begrenzt den sonnigen Ort der in die Weite führenden Felder. Auf der anderen Seite leuchten die roten Dächer der Häuser Maleribes hinüber, die den Blick von der Höhe des Hügels der Villa Demière hinab und wieder hinauf in die Weite des Himmels führen: Am hochgelegenen Horizont rundet sich unser idyllischer Bauerngarten zu einem abgeschlossenen Kosmos.

Jedes dieser Flächen-Kompartimente im Bild stellt der Maler aus einem anderen Blickwinkel dar. Sie stehen wie eine Kollage zusammen, und geben auf außergewöhnliche Weise den Gesamteindruck eines Raumes, wie er zwar vom menschlichen Auge, nicht aber von einer Fotolinse erfasst werden kann. Bonnard selbst nannte diese Kompositionsweise ein "Abenteuer des optischen Nervs". Die räumlichen Verschränkungen und unklaren Verortungen der diversen Flächenkompartimente konterkarieren in unserem Bild den Eindruck einer vordergründigen Harmonie. So bringt das subtile Zusammenspiel verschiedener Raumwirkungen und nuancierter Farbgebungen die Zeit im erfüllten arkadischen Augenblick zum Stillstand.

Bonnard hat den Landschaftsprospekt unseres Gemäldes "Paysage, Arbres frutiers" noch einmal in seinem nahezu gleichgroßen Gemälde "Le Linge" dargestellt. Jean und Henry Dauberville datieren es zusammen mit unserem Gemälde in die Zeit um 1909. Beide Gemälde stammen aus dem Nachlass des Künstlers und sind im Supplementband des Werkverzeichnisses unter Nr. 01948 und Nr. 01949 aufgeführt.

CHF 80 000 / 120 000 | (€ 82 470 / 123 710)

Verkauft für CHF 132 500 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr