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Lot 3242* - A208 Gemälde des 19. Jahrhunderts - Freitag, 22. März 2024, 15.30 Uhr

EDUARD GRÜTZNER

(Grosskarlowitz 1846–1925 München)
Der Sonntagsjäger. 1880.
Öl auf Leinwand.
Unten links signiert und datiert: Eduard Grützner. 1880.
90,2 × 111,5 cm.


Provenienz:
- Auktion Fischer, Luzern, Juni 1961, Los 1834.
- Europäische Privatsammlung.
- Galerie Salis, Salzburg, vor 1991.
- Privatsammlung, Deutschland.

Ausstellung:
Nürnberg 1882, Bayerische Landesausstellung.

Literatur:
- Ernst Friedrich Wüstemann: Eduard Grützner. In: Allgemeine Kunst-Chronik, XI, Nr. 6, 1887, S. 147.
- Friedrich von Pecht: Geschichte der Münchener Kunst im neunzehnten Jahrhundert, München 1888, S. 346.
- Friedrich von Pecht: Eduard Grützner. In: Die Kunst für Alle, Jg. V, Heft 12 vom 15.3.1890, S. 179 (mit Abbildung auf S. 192-193).
- Friedrich von Boetticher: Malerwerke des 19. Jahrhunderts, Bd. I, Dresden 1891, S. 446-448, Nr. 34.
- Louise von Kobell: Münchener Porträts nach dem Leben gezeichnet, München 1897, S. 133.
- Das geistige Deutschland am Ende des 19. Jahrhunderts, Leipzig/Berlin 1898, S. 251.
- Julius Lohmeyer: Aus Studien-Mappen deutscher Meister, Breslau 1898, o. S.
- Heinrich Rottenburg: Eduard Grützner. In: Die Kunst unserer Zeit, Bd. 9, München 1898, S. 53.
- Fritz von Ostini: Grützner. In: Künstler-Monographien, Bd. LVIII, Bielefeld/Leipzig 1902, S. 80 (Abbildung Nr. 44).
- Ausst.-Kat. Galerie Heinemann, München. Grützner-Ausstellung, München 1906, S. 5.
- Hugo Schmidt Verlag München (Hrsg.): Eduard von Grützner. Eine Selbstbiographie mit 136 Abbildungen, München 1922, S. 148 (mit Abbildung auf S. 130).
- László Balogh: Eduard von Grützner, Mainburg 1991, Abb. 434, S. 212 und Farbtafel 68, S. 83.

Eduard von Grützners „Der Sonntagsjäger“ zählt zu den grossformatigsten Gemälden des Münchner Malers. Die mehrfigurige Komposition mit ausschliesslich weltlichen Personen stellt zudem eine äusserste Seltenheit im Gesamtwerk des Künstlers dar, der in mehr als Dreiviertel seiner Gemälde Klosterbrüder zeigt. Entstanden ist dieses Gemälde im Jahre 1880 als sich Grützner bereits auf dem Höhepunkt seiner künstlerischen Schaffensphase befand.

Der 1846 in Grosskarlowitz geborene Eduard Grützner begab sich Ende 1863 nach München, wo er ab Dezember des Jahres an der Münchner Kunstakademie seine Ausbildung zum Maler begann. An der Kunstakademie studierte Grützner unter anderem bei Hermann Anschütz (1802–1880) und Carl Theodor von Piloty (1826–1886). Insbesondere Piloty, in dessen Malklasse er im Juni 1867 aufgenommen wurde, sollte Grützners Malerei entscheidend prägen.

Das uns vorliegende Gemälde „Der Sonntagsjäger“ entstand zu einem Zeitpunkt, als Grützner bereits zu einem berühmten Maler avancierte, zahlreiche Aufträge erhielt und in den höchsten Kreisen der Münchner Gesellschaft verkehrte. Von seiner bereits frühen Anerkennung als Maler zeugt unter anderem auch, dass Grützner 1880, dem Entstehungsjahr dieses Gemäldes, der Verdienstorden des Heiligen Michael mit Ritterkreuz erster Klasse verliehen wurde. Die Meisterschaft Grützners kommt im Gemälde „Der Sonntagsjäger“ insbesondere durch die Komplexität des Bildaufbaus und die Vielschichtigkeit dieses Kunstwerkes zum Ausdruck.

In einer Wirtsstube sitzen mehrere Jägersmänner um einen Tisch, zentral in der Komposition findet man am Tisch sitzend den neu eingekleideten Amateur-Waidmann. Er ist modisch gekleidet mit hellen Gamaschen, die ob der übermässig vielen Lederriemen an der Seite doch recht unpraktisch wirken, filigranem gelbem Halstuch und weissem Stehkragen. Den kleinen Beutel trägt er, obwohl er auf der Bank des Wirtshauses Platz genommen hat, noch immer auf dem Rücken. Wie ein Schuljunge lauscht er mit staunender Mine den Ausführungen seines älteren Gegenübers, mit beiden Händen, die noch in helle Handschuhe gehüllt sind, umklammert er gebannt den Lauf seines Jagdgewehrs. Amüsiert lauschen die Anwesenden den Ausführungen des Alten, der unseren Sonntagsjäger ordentlich aufs Korn zu nehmen scheint.

Einen Verweis auf den Inhalt des Tischgesprächs liefert uns Grützner gleich mit: Im Hintergrund an der Wand erkennt man Grützners Frühwerk „Jägerlatein“ von 1873 (siehe Balogh 1991, Nr. 448), das den am Tisch erzählten Waidmannslügen zusätzlich Nachdruck verleiht. Dass der Sonntagsjäger seinen Kopf beinahe auf der Mündung seines Gewehrs abstützt, zeigt dessen Unerfahrenheit in der Handhabung einer Waffe und Grützners künstlerisches Geschick, durch subtile inhaltliche Elemente einen feinen Humor in seinen Gemälden zu erzeugen. Auch einige der im Gemälde dargestellten Personen stehen in direktem Zusammenhang zum Künstler, so hat sich Grützner rechts im Bild zwischen den zwei Männern mit Hut selbst verewigt, bei der jungen Wirtin, die mit liebenswürdigem Blick inmitten der Szenerie steht, handelt es sich um ein Ganzkörperporträt von Grützners erster Ehefrau Barbara.

Grützner reagiert mit diesem Gemälde auf die Aktualität seiner Zeit. Als Folge der Revolution von 1848 wurde in ganz Deutschland das Jagdprivileg des Adels aufgehoben, was darin resultierte, dass auch der städtische Bürger das Recht wahrnahm, Wild zu erlegen und in seiner Freizeit durch sein unwaidmännisches Auftreten die Jagdreviere unsicher machte.

Das hier angebotene Gemälde zeigt die ganze Meisterschaft Grützners, insbesondere wird deutlich wie gut er das Minenspiel seiner Protagonisten auf die Leinwand bringen konnte. Beim Ansehen der Gesichtszüge von Grützners Figuren wird dem Betrachter rasch die ganze Geschichte des Gemäldes angedeutet, sodass Grützners Charakterisierungskunst zu einem der wichtigsten Elemente in seinen narrativen Gemälden wird. Grützners meisterhafte Malerei brachte ihm auch in den Folgejahren der Entstehung dieses Gemäldes grossen Ruhm ein, so verlieh ihm 1886 Prinzregent Luitpold von Bayern den Professorentitel, 1916 wurde Grützner in den Adelsstand erhoben.

CHF 100 000 / 150 000 | (€ 103 090 / 154 640)

Verkauft für CHF 112 500 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr