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Lot 1209 - A140 Möbel, Porzellan & Dekoration - Donnerstag, 22. März 2007, 10.00 Uhr

KLEINER SEKRETÄR "A ABATTANT",

Louis XVI, sign. P. ROUSSEL (Pierre Roussel, Meister 1745), Paris um 1770/80.
Rosenholz, Palisander und teils getönte Edelhölzer gefriest sowie allseitig ausserordentlich reich eingelegt mit Ruinenlandschaften, Möbeln, "trophées d'armes", Filets und Zierfries. Prismierter Korpus mit vorstehenden vorderen Eckstollen auf wellig ausgeschnittener Zarge mit Winkelfüssen. Front mit abklappbarer, innen mit grünem, goldgepresstem Leder bezogener Schreibplatte zwischen Kopfschublade und Fach mit Doppeltüre. Inneneinteilung mit 6 Schubladen auf 3 Reihen, darüber 3 grosse Fächer auf 2 Reihen. Ausserordentlich feine, matt- und glanzvergoldete Bronzebeschläge und -applikationen. In durchbrochene Bronzegalerie gefasste "Carrara"-Platte. 57x30x(offen 68)x156 cm.


Provenienz: Château de Vincy, Westschweiz. Hochbedeutender Sekretär von perfekter Qualität und Eleganz. Ein in Formgebung und Marketerie analoges Möbel war Bestand der Sammlungen Feist und wurde am 6.12.1997 bei Sotheby's Zürich (Katalognr. 259) verkauft. Unser Sekretär zeichnet sich neben seiner eleganten Formgebung und dem architektonischen Aufbau durch die sehr spezielle Bronzegarnitur und die antikisierende Ruinenmarketerie aus. Untersuchungen von Marketeriepaneelen mit ähnlichem Dekor, welche als italienische "vedute" bezeichnet werden, führen zu Zuweisung und Gruppierung der Marketerien, die von unterschiedlicher Hand und während eines längeren Zeitraumes hergestellt wurden. Die vermutlich frühesten Kompositionen dieser Paneel-Art dürften um 1760 entstanden sein. Bei einigen dienten wohl die Stichentwürfe von G.B. Piranesi oder die Gemälde von P.A. Demachy als Vorlagen, woraus eine Datierung der Paneele in einen Zeitrahmen nach Erscheinen der Stichvorlagen resultiert. Bis zum heutigen Zeitpunkt ist es allerdings noch nicht möglich, die an unserem Sekretär und an weiteren Möbeln vorzufindende Marketerie einem Meister mit Sicherheit zuzuschreiben. Die Stempel, welche sich auf Möbeln mit vergleichbarer Veduten-Marketerie finden, sind jene der Pariser Ebenisten L.N. Malle, A.L. Gilbert, M. Ohneberg, C. Wolff, P. Roussel, P. Maret, D. Deloose, N. Petit und J. Dautriche. Bei einigen dieser Meister ist die Verwendung solcher Marketerien eher zufällig, andere hingegen scheinen das Dekor häufiger gebraucht zu haben. Die Verwandtschaft mit vergleichbaren Paneelen auf Möbeln mit ähnlichen Korpusformen verschiedener Ebenisten lässt darauf schliessen, dass diese ihre Marketerien bei ein und demselben unbekannten Meister fertigen liessen, um sie anschliessend an ihren Werken anzubringen. Die unterschiedlichen Formate zeigen, dass solche Marketerien auf Bestellung gefertigt wurden. Dass sogar richtige Marketerie-Monopole bestanden beweist die Tatsache, dass der Ebenist Charles Topino alleiniger Verkäufer von Marketerien war, auf welchen sich chinesische Küchenutensilien zeigten. Diese Marketerien gingen zu einem grossen Teil an seine Ebenisten-Kollegen. Unser Sekretär besitzt eine sehr feine, neoklassizistische Bronzegarnitur und kann durch Vergleiche mit weiteren Werken dem Ebenisten P. Roussel zugeschrieben werden. Zwei Sekretäre mit ähnlichem Dekor und Bronzeeinfassung der Flächen wie auch mit analoger Friesfassung und Galerie gleichen unserem Schreibmöbel. Einer davon befindet sich im Frick Art Museum in Pittsburgh, der zweite wurde in Paris versteigert (Me Marc Ferri, Hôtel Drouot, 15.12.1994, Katalognr. 224). Das Fries aller drei Möbel und die Bronzerahmungen der beiden letzteren finden sich in identischer Weise an einem Paar Encoignures, das von P. Roussel signiert ist, ebenfalls mit Ruinenmarketerie verziert ist und in London 1987 verkauft wurde (Sotheby's, 11.12.1987, Katalognr. 263). Ein vierter Sekretär mit identischem Aufbau und Bronzen wie jene in Pittsburgh und Paris, doch mit unterschiedlichem Fries und Veduten-Marketerie von unterschiedlichen Hand, findet sich abgebildet in: A. Pradère, Les Ebenistes Français , 1989, S. 204. Dieses Schreibmöbel ist ebenfalls von P. Roussel signiert. Unter den von Roussel signierten Möbeln sind jene mit Ruinenmarketerie, von unterschiedlicher Art, zahlreich. Im Inventar seines Ateliers wurden 1873 nach seinem Tode verschiedene Möbel mit "marqueterie en paysage" genannt. Roussel war wohl einer der bedeutendsten Kunden jenes leider noch unbekannten Meisters und Herstellers der sich an unserem Sekretär befindlichen Marketerien. Zu den weiteren Möbeln mit Marketerien dieses Meisters gehören eine Kommode und ein Paar Encoignures im Museum of Fine Arts in Boston (Ch. Packer, Paris Furnture, 1956, Abb. 126 und 127), eine weitere Kommode, welche bei Sotheby's London am 6.7.1979, Katalognr. 246, verkauft wurde, und ein Paar Encoignures im Cleveland Museum of Art (Inv. No. 44.116) sowie ein kleines Bonheur du jour im gleichen Museumbesitz (Inv. Nr. 44.119). Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 728-742 (biogr. Angaben). J. Nicolay, L'art et la manière des maîtres ébénistes français au XVIIIe siècle, Paris 1976; I, S. 413/414 (biogr. Angaben). A. Pradère, Die Kunst des französischen Möbels, München o.J.; S. 205/206 (biogr. Angaben).

CHF 60 000 / 100 000 | (€ 61 860 / 103 090)

Verkauft für CHF 171 750 (inkl. Aufgeld)
Angaben ohne Gewähr